Kahlschlag ökologisch unbedenklich

Auf den ersten Blick mag es schockieren: Im Waldstück oberhalb der Ortschaft Trier-Irsch klafft eine riesige Lücke - das Ergebnis eines Kahlschlags, um Brennholz zu gewinnen. Es handle sich um eine traditionelle Form der Forstwirtschaft, gibt das Forstamt Trier Entwarnung.

 Hier klafft eine Lücke im Wald: Forstamtsleiter Gundolf Bartmann weist auf den gerodeten Streifen im Hang über Trier-Irsch. TV-Foto: Beate Kerpen

Hier klafft eine Lücke im Wald: Forstamtsleiter Gundolf Bartmann weist auf den gerodeten Streifen im Hang über Trier-Irsch. TV-Foto: Beate Kerpen

Trier-Irsch. Vor kurzem meldete sich ein empörter Naturliebhaber beim Trierischen Volksfreund: Das Waldstück "Am Sauwasen" oberhalb des Stadtteils Trier-Irsch werde massiv für Brennholz "ausgeschlachtet". Den ganzen Tag liefen die Motorsägen, und es klafften bereits "riesige kahle Flächen" im Wald. Auch sei der Bestand an Vögeln "merklich zurückgegangen".

Bei einer Begehung des Geländes mit dem Leiter des Trie rer Forstamts, Gundolf Bartmann, gibt dieser Entwarnung: "Hier wird eine historische Form der Waldnutzung praktiziert. Es handelt sich um eine Bewirtschaftung im Sinne der Gehöferschaft."

Baumstümpfe schlagen erneut aus



Eine Gehöferschaft (siehe Extra) ist eine Vereinigung privater Waldbesitzer, die ihre Flächen gemeinsam nach ideellen Anteilen nutzen. In Europa kommen sie ausschließlich im Mosel- und Saarraum vor, etwa in Schoden, Kernscheid oder Oberemmel. "Während bei der normalen Forstwirtschaft einzelne Bäume gefällt werden, arbeiten Gehöferschaften oft mit streifenweisen Kahlschlägen", erläutert Bartmann. Diese seien unter bestimmten Voraussetzungen ökologisch völlig unbedenklich. So müsse es sich beim Wald um Lichtbaumarten wie Eiche oder Hainbuche handeln. Wenn diese Arten nach einer Rodung genügend Licht erhielten, würden die Baumstümpfe erneut ausschlagen. Dieser Stockausschlag gewährleiste, dass die Bäume nachwachsen. Zudem verbiete das Landeswaldgesetz, dass eine Gehöferschaft mehr als zwei Hektar auf einmal schlägt.

"Wir haben 2007 angefangen zu roden und arbeiten uns jetzt im Zwei-Jahrestakt durch das 15 Hektar große Waldstück", erklärt Alfred Marx, der Vorsitzende der Trier-Irscher Gehöferschaft. "Wenn wir in ungefähr 18 Jahren hinten ankommen, ruht der Wald rund 20 Jahre, bevor wir wieder vorne anfangen."

Es sei verständlich, dass der ein oder andere beim Anblick des Kahlschlags schockiert sei, sagt Bartmann. Doch diese Art der Waldverjüngung sei durchaus positiv für die Pflanzen- und Tierwelt. "Dadurch, dass das Licht bis auf den Boden kommt, nimmt die Vielfalt an Pflanzen und Kräutern zu. Das lockt Insekten und seltene Arten wie Fledermäuse oder Wildkatzen an", erklärt Bartmann. Auch die Vogelbestände fänden in den nachwachsenden Bäumen und Hecken mehr Nistplätze als in den hohen Bäumen. "Grundsätzlich ist eine Nutzung im Sinne der Gehöferschaft positiv zu bewerten", sagt Bartmann. "Aber natürlich überwacht das Forstamt auch die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen." Extra Gehöferschaften haben ihren Ursprung in mittelalterlichen Dörfern und Gemeinden. Bis heute haben sich traditionelle Maßeinheiten aus Klöstern und Kirchen überliefert. In Trier-Irsch rechnet die Gehöferschaft in Pfennig (1,28 Meter) und Orth (32 Zentimeter), während andere Gehöferschaften ihr Land in Fuß, Fässchen oder Hufen angeben. Gehöferschaften hatten ursprünglich verschiedene Nutzungsmöglichkeiten ihrer Waldstücke. Auch in Trier-Irsch wurde bis in die 1950er Jahre Gerberei-Lohe (getrocknete Eichenrinde, die in der Gerberei genutzt wird) gewonnen. Inzwischen nutzen die Gehöferschaften ihren Wald nur noch zur Gewinnung von Brennholz. (beke)

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