Kalkulieren mit Kopf und Schieber

In den 1970er Jahren wurden die Rechenschieber von den Taschenrechnern verdrängt. Doch das Werkzeug, das früher in keinem Ingenieurbüro fehlte, hat auch heute noch seine Anhänger. Die Rechenschieber-Sammler aus Deutschland, Luxemburg, der Schweiz und den Niederlanden treffen sich heute, Samstag, in Trier.

 Rechenschieber-Sammler Jochen Konrad-Kleine präsentiert drei Explare aus seinem privaten Fundus: links der Aristo, in der Mitte ein Übergangsmodell mit Taschenrechner und Schieber, rechts ein älterer Dennert und Pape. TV-Foto: Friedemann Vetter

Rechenschieber-Sammler Jochen Konrad-Kleine präsentiert drei Explare aus seinem privaten Fundus: links der Aristo, in der Mitte ein Übergangsmodell mit Taschenrechner und Schieber, rechts ein älterer Dennert und Pape. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Manche Menschen sammeln Briefmarken, einige Modellautos oder etwas ganz anderes. Jochen Konrad-Kleine aus Düsseldorf begeistert sich für Rechenschieber. Diese Hilfsmittel beim Multiplizieren und Dividieren und auch bei komplizierteren Rechenarten sind heute völlig aus der Mode gekommen, jüngeren Menschen sogar oft völlig unbekannt. "Ein typisches Hobby älterer Männer", sagt Konrad-Kleine schmunzelnd.

Mitte der 70er Jahre wird die Produktion eingestellt

Ihm hätten Rechenschieber schon immer gut gefallen, obwohl er beruflich damit nichts zu tun habe, erzählt er.

Die Sammelgegenstände seien relativ klein aber sehr vielfältig. Mitte der 70er Jahre sei die Produktion der Rechenschieber eingestellt worden, weil nur noch Taschencomputer im Einsatz waren, so dass der Sammelbereich begrenzt sei. Die Nutzung des Rechenschiebers ist nicht ganz einfach. Auf der Skala könne man immer nur eine Ziffernfolge ablesen, die Dezimalstellen müsse man selbst überschlagen. "Man braucht Übung und muss seinen Kopf benutzen", sagt Konrad-Kleine.

Die Sammler haben unterschiedliche Interessensgebiete. Einige seien auf besonders seltene Rechenstäbe spezialisiert, andere auf besonders alte oder welche für ganz spezielle Einsatzgebiete. Konrad-Kleine selbst präsentiert beim Treffen mit dem Trierischen Volksfreund einen Aristo aus den 70er Jahren, wie er im Schulunterricht benutzt wurde. Außerdem hat er ein Stück aus der Übergangszeit dabei: auf der einen Seite Rechenschieber und auf der anderen Taschenrechner. Einen weiteren älteren Rechenschieber der Firma Dennert und Pape, der aus Holz gefertigt ist, ersteigerte er für nur 15 Euro im Internet. Andere Möglichkeiten gibt es auf Trödelmärkten oder auf Börsen. Insgesamt besitzt Konrad-Kleine um die 650 Rechenschieber.

Bei dem Treffen in Trier im Altstadt-Hotel gibt es Vorträge, die für Außenstehende zum Teil skurril klingen, für die etwa 35 angemeldeten Sammler aber sehr spannend sein können. Unter anderem wird über Rechenschieber für die Ferrari-Entwicklung Anfang 1960, den D & P-Stab aus Messing, einen russischen Zylindrischen Stab oder Gaußsche Algorithmen referiert. Zwischen 14 und 14.45 Uhr können sich Interessenten auf der Börse nach Sammlerstücken umsehen.

Extra

Rechenschieber

Rechenschieber bestehen aus Körper, Zunge und Läufer (siehe links auf dem Foto). Das Prinzip beruht auf Zahlenskalen mit Logarithmen. Um eine einfache Rechnung wie 5 mal 3 zu machen, muss man die 1 auf der Skala der Zunge unter die 5 auf der Skala des Körpers stellen. Mit dem Läufer sucht man die 3 auf der Zunge und kann dann die 15 auf dem Körper ablesen. (noj)

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