Kampf gegen Bausünden

TRIER. Keine Bausünden mehr in der Innenstadt, stattdessen mehr Ästhetik und Kultur: Dieses Ziel soll unter anderem mit einer Gestaltungssatzung verfolgt werden, über die am Montag der Stadtrat diskutierte.

Darf jeder so bauen, wie er will? Darf er sich zum Beispiel die Dachform und -farbe sowie die Fassadengestaltung selbst aussuchen? Dürfen Gewerbetreibende in der Innenstadt Werbeschilder, Sonnenschirme, Stühle und Tische frei nach ihrem Belieben aufstellen? Die Meinungsbildung in den Parteien über dieses spannende Thema beginnt gerade erst. Da ist es hilfreich, sich darüber zu informieren, wie andere Kommunen vorgehen. Baudezernent Peter Dietze hatte deshalb Vertreter der Städte Erfurt, Mainz, Regensburg und Freiburg eingeladen, die verschiedene Modelle vorstellten.Bauherren wollen sich selbst verwirklichen

In Erfurt existiert schon seit zehn Jahren eine Gestaltungssatzung. "Wir hatten noch keine einzige Klage dagegen", erläuterte Antje Fülop von der Verwaltung der ostdeutschen Kommune. Die Satzung werde als Zwangsmittel gegenüber Bauherren und Investoren eingesetzt, die sich selbst verwirklichen wollten, aber im Allgemeinen keine Rücksicht auf städtebauliche Belange nähmen. Für die Stadt Mainz referierte Stadtplaner Günther Ingenthron. Er zeigte auf, dass neben zwölf verschiedenen Gestaltungssatzungen (jeweils für Siedlungsbereiche einer bestimmten Epoche) 30 Jahre lang ein Gestaltungsbeirat existiert habe. Dieses Gremium sei allerdings zurückgetreten, weil seine Anliegen stets gegenüber den politischen Wünschen hätten zurücktreten müssen - ein Problem, das auch in Trier nicht unbekannt ist und verschiedentlich für Missstimmung gesorgt hat.Langfristige Ziele verfolgen

Mainz hat deshalb nach Regensburger Vorbild einen neuen Gestaltungsbeirat ins Leben gerufen, der auch für Trier ein Modell sein könnte. Das Gremium besteht nicht mehr aus Mainzer Architekten, sondern aus externen Fachleuten. Die Sitzungen sind öffentlich, und es gibt eine Geschäftsstelle, die im Stadtplanungsamt angesiedelt ist. Weil Architekten von außerhalb natürlich bezahlt werden wollen, fallen Kosten an. Rund 64 000 Euro jährlich geben die Rheinhessen aus, um qualifizierten fachlichen Rat zu erhalten. Das Problem: "Ästhetik und Qualität werden teilweise von den Architekten und der Öffentlichkeit unterschiedlich bewertet", erklärte Günther Ingenthron. Beispielsweise habe der Gestaltungsbeirat eine Bebauung in der City abgelehnt, die von den Bürgern ausdrücklich befürwortet worden sei. Zudem gebe es kein eindeutiges Mess- und Bewertungssystem für Baukunst. Der Vertreter der Stadt Regensburg, Peter Ittlinger, gab den Trierer Kommunalpolitikern einen guten Rat: "Verfolgen sie langfristige Ziele und lassen sie architektonische Modeerscheinungen außer Acht." Es sei sinnvoll, zunächst eine Gestaltungssatzung zu verabschieden und erst danach einen Gestaltungsbeirat ins Leben zu rufen.Für und Wider abwägen

Wie die Trierer verfahren wollen, ob eine lockere Regelung getroffen oder die Sache eher restriktiv gehandhabt werden soll, darüber werden sich in den kommenden Monaten alle Parteien im Stadtrat den Kopf zerbrechen. UBM-Chef Manfred Maximini bringt die Schwierigkeiten dabei auf den Punkt: "Wir müssen das Für und Wider einer baulichen Regelung in der Innenstadt abwägen. Zum Beispiel muss geklärt werden, ob und wie wirtschaftliche Interessen tangiert werden." Am Montag segnete der Rat zunächst einmal einstimmig die Vorlage der Verwaltung ab und beauftragte sie damit gleichzeitig, eine Gestaltungssatzung auszuarbeiten. Außerdem werden Baudezernent Peter Dietze und seine Mitstreiter eine Geschäftsordnung für die Arbeit eines Architektur- und Städtebaubeirates einschließlich der Finanzierung desselben erarbeiten. Im Oktober wird der Stadtrat sich wieder mit der Thematik befassen.

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