Kampf um kulinarische Meisterwerke

TRIER. Die Küchenparty im Dorint-Hotel, zu der Oberbürgermeister Helmut Schröer und seine Frau Gisela alljährlich einladen, ist ein gefragtes gesellschaftliches Ereignis und dabei einzigartig in Ablauf und Gestaltung. Wo sonst dringen hungrige Horden in weißen Schürzen in eine Großküche ein?

"Gemurmel dröhnt drohend wie Trommelklang - gleich stürzt eine ganze Armee - die Treppe hinauf und die Flure entlang - dort steht das kalte Buffet." Als Reinhard Mey in den 70ern von der "heißen Schlacht am kalten Buffet" sang, konnte er die Benefizaktion von Helmut und Gisela Schröer, die am Montagabend zum elften Mal stattfand, noch nicht kennen. Dennoch gleichen sich die Bilder. Denn wer die mittlerweile zur Tradition gewordene jährliche Erstürmung der Dorint-Küche einmal erlebt hat, kann problemlos den Zusammenhang mit Reinhard Meys ironisch-kriegerischem Text erkennen. Mehr als 300 Gäste waren der Einladung des Ehepaars Schröer gefolgt. Zehn Köche und zehn Winzer sorgten für eine einmalige Konzentration edelster Genüsse - zugegeben, hier hinkt der Vergleich mit Meys "kaltem Buffet" stark. Doch diese Genüsse musste sich die Gästeschar - nach den Worten von Gastgeber Schröer "ein Spiegelbild der Trierer Gesellschaft" - wirklich erkämpfen. Bewaffnet mit Besteck und Teller, quetschte sich die Masse durch die Küche, um sich die erlesenen Spezialitäten direkt von der Produktion am Herd abzuholen. Eine über der Abendgarderobe getragene Schürze, die hohe Betriebstemperatur in der Küche und der übliche von vielen Menschen auf engem Raum ausgelöste Treibhauseffekt erschwerte die Bemühungen noch. Nicht wenigen fiel verspätet ein, dass sie vor dem Anlegen der Schürze ihr Jackett besser abgelegt hätten. Der Kampf begann mit "Amuse bouche" vom Verein der Köche Trier und Franz Lichter. Wer sich zu Ulrike Stoebe durchbeißen konnte, wurde mit Medaillons vom Lammrücken und einer Frühlingsrolle auf Curry-Linsen belohnt. Die äußerliche Gleichschaltung der Gäste in Form der kleidsamen Schürze half beim Durchbrechen der kommunikativem Hemmschwelle, wodurch das Warten in der Schlange zur Küchen-Steh-Party mutierte. Jakobsmuscheln in der Schale waren die Spezialität von Burkhard Weiler. Christine Detemple-Schäfer und Oliver Schäfer brachten Suprème vom Steinbutt auf getrüffelter Bananencrème mit Morchelconfit mit. Bei milder Hitze gegarte Schweinsbäckchen, Flusskrebse, kleines Bohnenragout und Trüffelschaum bot Wolfgang Becker den Gästen an. Peter Schmalen punktete mit Kalbsfiletmedaillons auf Hummercouscous mit Pimentoschaum. Gefülltes Wachtelkotelett auf Rahmwirsing mit Hagebuttensauce servierte Wolfgang Müntnich, und Marko Nau wartete mit Spieß vom Kaninchenrücken und Scampi mit Risotto nero auf. Klaus Tossing und sein Team boten Pot-au-feu von Krustentieren und Edelfischen in Safran-Gemüsesud an. Das Dessert-Buffet, ein Paradies in den Augen jedes anwesenden Zahnarztes, gestaltete Hubert Scheid. Derartige Genüsse haben ihren Preis. Die Eintrittskarten sind begehrt und absolut nicht günstig. Doch der Jet-Set schlemmt aus einem bestimmten Grund: Die Erlöse fließen der Arbeitsgemeinschaft für Trierer Kinder zu. "Die Köche stellen ihr Können in den Dienst der guten Sache", sagt Schirmherrin Gisela Schröer. "Nur die Kosten für die Zutaten werden ersetzt."

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