Kaster tritt ab, Zock tritt ein

Trier · Paukenschlag bei Triers Christdemokraten: Bernhard Kaster kündigt seinen Rückzug an und präsentiert mit Hiltrud Zock ein prominentes Neumitglied. Die Ex-OB-Kandidatin will sich dauerhaft in der Union engagieren. Offen ist, wer Kaster im Kreisvorsitz folgen soll.

Trier. Die Partei lag darnieder, die verlorene OB-Wahl erst wenig Monate zurück. Also machte der Chef den Weg frei für einen Neuanfang: Im Mai 2007 räumte Ulrich Holkenbrink das Feld für Bernhard Kaster. Fast acht Jahre und eine weitere verlorene OB-Wahl später kündigte dieser nun an, sich von der Parteispitze zurückzuziehen. Beim Parteitag im März 2015 werde er nicht wieder für den Vorsitz kandidieren, erklärte Kaster am Mittwochabend in einer CDU-Vorstandssitzung. Auf TV-Anfrage sagte er am Donnerstag: "Ich möchte nicht weitere zwei Jahre die Doppelbelastung Berlin und Trier tragen, sondern mich auf mein Bundestagsmandat konzentrieren und die Weichen für einen personellen Neuanfang im Kreisverband stellen."
Doch zieht der 57-Jährige damit auch die Konsequenz aus der OB-Wahl? Der Bundestagsabgeordnete ist dafür bekannt, dass er gerade in schwierigen Zeiten nicht von Bord geht. Zumal es in der Vergangenheit reichlich andere Anlässe für ihn gegeben hätte, sich ganz auf Berlin zu konzentrieren. 2009 zum Beispiel: Da musste die CDU bei der Kommunalwahl Federn lassen und konnte nicht verhindern, dass SPD, Grüne und FDP eine Mehrheit gegen die Union organisierten. Die "Ampel" hielt nur kurz, doch lange genug, um den halben Stadtvorstand auszutauschen; zwei CDU-Männer mussten gehen. Kaster blieb Parteichef, auch weil er überzeugend sein Direktmandat als Bundestagsabgeordneter verteidigte hatte.
Im März 2011 ein weiterer Tiefschlag: Bei der Landtagswahl verlor Bertrand Adams sein Mainzer Mandat. Enttäuscht schmiss der Fleischermeister daraufhin den Vorsitz der Ratsfraktion hin, ihm folgte der Kaster-Vertraute Ulrich Dempfle. In der Partei wurde Kritik laut, manche warfen dem Vorsitzenden einen autoritären Führungsstil vor. Auf dem Parteitag im Juni 2011 wurde Kaster abgestraft: nur noch 72 Prozent Zustimmung.
Der Mann verstand den Fingerzeig der Basis. Es gelang ihm, seine Position an der Spitze wieder zu festigen. Auch das gewagte Manöver, mit der parteilosen PR-Unternehmerin Hiltrud Zock eine Polit-Novizin zur OB-Kandidatin zu machen, meisterte er. Im November 2013 erhielt Kaster bei seiner Kandidatur für den Kreisvorsitz wieder mehr als 90 Prozent Unterstützung. Kurz zuvor hatte er bei der Bundestagswahl triumphiert: fast 49 Prozent der Erststimmen - ein Ergebnis, das er selbst nicht für möglich gehalten hatte.
Hätte Kaster gewollt, er wäre OB-Kandidat geworden. Als Parteichef hatte er kraft Amtes das erste Zugriffsrecht. Doch der gebürtige Pfalzeler wollte nicht. Stattdessen schickte die CDU Zock ins Rennen, und bis zum Stichwahlabend rechneten auch viele Sozialdemokraten fest mit einem Sieg der Unternehmerin.Kein "geborener Nachfolger"


Die zog dann knapp den Kürzeren und meldet sich nun zurück: Zock ist der CDU beigetreten und in den Vorstand berufen worden. Als "kooptiertes" Mitglied nimmt die 52-Jährige künftig an den Sitzungen teil, darf aber nicht abstimmen. "Ich habe mich im Wahlkampf sehr über die große Unterstützung der CDU und ihrer vielen engagierten Mitglieder gefreut und bringe mich gerne weiter ein", begründet Zock ihren Sinneswandel.
In der Vergangenheit stand eine Parteimitgliedschaft für sie nicht zur Debatte. Wäre Zock OB geworden, dann wäre ein Eintritt in die CDU für sie nicht infrage gekommen, versichert sie gegenüber dem TV. So aber wollte sie Mitglied werden, um weiter politisch aktiv bleiben zu können. Als Parteilose kann man für Ämter kandidieren, doch außerhalb des Rathauses lässt sich so kaum Politik machen, zumindest nicht wahrnehmbar.
Derweil scheint offen, wer Kaster im Vorsitz folgen soll. Einen "geborenen Nachfolger" gibt es nicht. In der Vergangenheit wurden Namen wie der von Udo Köhler gehandelt. Der ist in der Partei beliebt und fährt regelmäßig traumhafte Wahlergebnisse als Vize-Chef ein. Doch als ihren ersten Mann können sich viele den Architekten nicht vorstellen. Ihm fehle die nötige Härte, heißt es. Oder Jutta Albrecht, engagierte Historikerin und streitbare Christin: Die Mariahoferin strebt wie Köhler in den Landtag (siehe Extra), doch manchen polarisiert sie zu stark. Kaster selbst will sich zu potenziellen Nachfolgern nicht äußern. Nur so viel: "Es gibt noch keinerlei Festlegungen."Meinung

Zahlreiche Herausforderungen
Hätte Hiltrud Zock die OB-Wahl für sich entschieden, Bernhard Kasters Bilanz als CDU-Kreisvorsitzender sähe besser aus. Denn die harte Währung des politischen Geschäfts sind gute Wahlergebnisse. Von diesen konnte Kaster in den acht Jahren an der Spitze wenig liefern. Die CDU als einst dominierende Kraft in Rat und Verwaltung büßte nicht nur ihre starke Stellung im Stadtvorstand ein, sondern verlor auch ihr Landtagsmandat. Der Chefsessel im Rathaus bleibt weiter in SPD-Hand. Wie es um das Führungskräftereservoir der Partei bestellt ist, zeigt schon die Frage, wer Kaster nachfolgen soll. Immerhin: Im Rat konnte die CDU ihre Position wieder ausbauen, und als direkt gewählter Bundestagsabgeordneter fuhr Kaster einen Erfolg nach dem anderen ein. Doch die Partei hat auch ein strategisches Problem: Wie andernorts versucht sie den Spagat zwischen großstädtischem Milieu und konservativer Klientel. Sich für neue Wählerschichten öffnen, ohne die alten zu verprellen - diese Idee steckt auch hinter den Plänen für ein schwarz-grünes Bündnis. Dass diese Rechnung aufgehen wird, ist fraglich. Denn für die CDU wird es eher noch schwieriger, ihr eigenes inhaltliches Profil zu schärfen, wenn sie auf einen grünen Bündnispartner Rücksicht nehmen muss. Auf die neue Person an der Parteispitze warten zahlreiche Herausforderungen. Er oder sie muss überzeugend vermitteln, warum es noch einen Unterschied macht, CDU zu wählen und nicht eine der anderen Parteien und Gruppierungen. trier@volksfreund.deExtra

Als die Trierer CDU 2011 aus dem Landtag flog, war der Schock groß. Der Kreisverband, der Ministerpräsidenten wie Carl-Ludwig Wagner oder Minister wie Heinrich Holkenbrink hervorbrachte, nicht mehr in Mainz vertreten - für viele in der Partei schien das lange unvorstellbar. 2016 will die Union wieder zurückkehren ins Parlament, und für die Auswahl ihres Kandidaten beschloss der Vorstand nun ein Mitgliederverfahren: Im Vorfeld des Parteitags können die Mitglieder interessierte Bewerber vorschlagen. Alle Kandidaten, die bis Ende Januar 2015 vorgeschlagen werden oder selbst Interesse bekunden, dürfen sich im Februar und März auf Veranstaltungen der CDU-Stadtbezirke vorstellen und für sich werben. "Unser Ziel ist es, die Mitglieder schon im Vorfeld des Kreisparteitags möglichst breit zu beteiligen", sagt Kreischef Kaster. Die Entscheidung fällt auf dem Parteitag. Bislang haben mit Udo Köhler und Jutta Albrecht zwei Mitglieder des Kreisvorstands signalisiert, sich um die Kandidatur bewerben zu wollen. mst

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