Kein Grund, sich zu schämen

Trier · Vergewaltigungsopfer suchen viel zu selten Hilfe, sagen Expertinnen des Frauennotrufs in Trier. Sie haben eine Idee entwickelt, das zu ändern, und schon erste Unterstützer gefunden.

 Judith Vana (links) und Ruth Petri vom Frauennotruf Trier wollen erreichen, dass sich mehr Frauen Unterstützung holen, nachdem sie Opfer einer Gewalttat geworden sind. TV-Foto: Katja Bernardy

Judith Vana (links) und Ruth Petri vom Frauennotruf Trier wollen erreichen, dass sich mehr Frauen Unterstützung holen, nachdem sie Opfer einer Gewalttat geworden sind. TV-Foto: Katja Bernardy

Foto: (h_st )

Trier "Gehen Sie zum Arzt - und nicht zum Alltag über!" "Kein Grund, sich zu schämen, sondern sich helfen zu lassen!" Plakate mit solchen Aufschriften sollen demnächst auch in Trier Frauen ermuntern, sich nach Vergewaltigungen oder anderen Gewalttaten Hilfe zu holen.
Ruth Petri und Judith Vana vom Trierer Frauennotruf arbeiten derzeit intensiv daran, eine in Frankfurt erfolgreiche Kampagne nach Trier zu holen. Mit der Aktion soll zweierlei erreicht werden, wie Psychologin Petri erklärt: Zum einen sollen Frauen, die vergewaltigt wurden, sensibilisiert werden, sich unmittelbar nach der Straftat medizinisch untersuchen zu lassen. Zum anderen sollen Ärzte besser auf die Versorgung von Gewaltopfern vorbereitet werden.
"Dabei stehen die Gesundheit und das Wohl der Frau immer im Vordergrund", betont Petri. Dies bedeute auch, dass keine Anzeige über den Kopf der Frau hinweg erfolge. "Vergewaltigung bedeutet einen extremen Kontrollverlust. Es ist wichtig, der Frau das Gefühl zu geben, dass sie die Kontrolle über das hat, was geschieht." Es sei eher selten, dass Frauen den Täter sofort nach einer Vergewaltigung anzeigten, sondern meist erst im weiteren Verlauf ihres Lebens.
Auch die Angst vor Stigmatisierung soll durch die Kampagne abgebaut werden. In Frankfurt wurden so mehr vergewaltigte Frauen dazu bewegt, einen Arzt aufzusuchen. Judith Vana, Pädagogin beim Trierer Frauennotruf, weist auf einen wichtigen Faktor hin: Entscheide sich eine Frau für eine umfassende Untersuchung könnten Spuren und Verletzungen sichergestellt und dokumentiert sowie ein Jahr lang bei der Rechtsmedizin aufbewahrt werden. Der Vorteil: Zeigt die Frau die Gewalttat später an, können die Befunde bei einer Strafverfolgung herangezogen werden.
Aber an erster Stelle stehe, dass abgeklärt werde, ob die Frau schwanger, infiziert oder verletzt sei, sagt Vana.
Eine erste Finanzspritze zur Umsetzung der Kampagne hat der Frauennotruf jetzt vom Zonta Club Trier, einem Netzwerk von Frauen für Frauen, erhalten: 2500 Euro. "Wir wollen alle vor Ort mit ins Boot nehmen: Kliniken, Ärzte, die Frauenbeauftragte", erklärt Petri den Plan.
Der Frauennotruf möchte anknüpfen an die gute Vorarbeit, die bereits geleistet wurde: Seit 2014 können Frauen die Beweise einer Vergewaltigung bereits vertraulich im Wittlicher Krankenhaus oder dem Trierer Mutterhaus sichern lassen.
Die beiden Mitarbeiterinnen des Frauennotrufs wollen in den kommenden Wochen intensiv daran arbeiten, dass bald mehr Opfer diese Angebote in Anspruch nehmen. Petri sagt: "Mit der Kampagne soll die immer noch hohe Hürde, sich nach einer Vergewaltigung Hilfe zu holen, niedriger werden."

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