Keine Chance für freies Theater

Die freie Theatergruppe TheaterUmriss, die sich im Verein Karussell am Zuckerberg engagiert, setzt mit seiner neuen und letzten Trier-Produktion "Ein Hungerkünstler" ein stilles und melancholisches Zeichen des Abschieds. Premiere ist am Freitag.

 Proben für die wohl letzte Trierer Produktion: Das TheaterUmriss feiert am Freitag die Premiere seines Stücks „Ein Hungerkünstler“. TV-Foto: Tamara Breitbach

Proben für die wohl letzte Trierer Produktion: Das TheaterUmriss feiert am Freitag die Premiere seines Stücks „Ein Hungerkünstler“. TV-Foto: Tamara Breitbach

Trier. Später Probenabend im Kulturgut am Domfreihof: Wo sonst die Bässe dröhnen und junge Menschen zu elektronischen Tönen aus dem Lautsprecher abtanzen, probt das TheaterUmriss seine szenische Umsetzung des Kafka-Stoffs "Ein Hungerkünstler".

Die Stimmung ist konzentriert. Schauspieler geben sich gegenseitig Tipps. Die beiden Regisseure Sebastian Bolitz und Immanuel Bartz besprechen die letzten Federstriche an der Hauptfigur.

"Der Hungerkünstler" erzählt von einem Mann, der das Hungern zur Kunstform entwickelt hat. Mit öffentlichen Auftritten erwirbt er eine Zeit lang Ruhm und Aufmerksamkeit. Doch irgendwann ist jedes Neue langweilig und uninteressant. Die Zuschauer wenden sich ab. Der Hungerkünstler bleibt allein und hungert sich zu Tode, weil es das einzige ist, was er tun kann und will.

Dieser Kafka-Erzählung aus dem Jahr 1922, einer Zeit großer Entbehrungen nach dem Ersten Weltkrieg, begegnet das TheaterUmriss mit einer ganz eigenen Ästhetik. Den Machern scheint eine spannende Auseinandersetzung mit Franz Kafkas Künstler-Allegorie zu gelingen.

Spannend war auch die Suche nach einer festen Bleibe für das Karussell am Zuckerberg, einen Verein, der eine freie Bühne für professionelle Theatergruppen langfristig in Trier etablieren wollte (siehe Extra). Gut anderthalb Jahre haben sie nicht aufgegeben und wacker an jeder noch so heruntergekommenen Tür geklopft. Ohne Erfolg.

"Dass es in Trier trotz 40 und mehr Leerständen, die wir uns angeschaut haben, keine Chance für uns gab", bezeichnet Immanuel Bartz als "kollektives Versagen von Stadt, Vermietern und Kulturschaffenden." Mal seien sie von Rat und Verwaltung ausgebremst worden wie bei einer Lagerhalle in Trier-Kürenz, mal durch horrende Mietvorstellungen der Trierer Immobilien-Magnaten wie beim Kino Royal in der Paulinstraße.

Und Platzhirsch-Gebaren der Kulturschaffenden habe es auch gegeben. "Wir wollen dauerhaft professionell Theater machen", stellt Immanuel Bartz den Anspruch der Karussell-Leute klar: "Wir hätten das gern in Trier aufgezogen, und ich bin sicher, dass wir erfolgreich gewesen wären. Jetzt ziehen wir weiter."

"Ein Hungerkünstler" feiert am Freitag, 21. Januar, um 20 Uhr in "Die grüne Rakete" im Kulturgut im Domfreihof Premiere.

Extra Der Verein Karussell am Zuckerberg wurde im April 2009 von Roman Schmitz, Immanuel Bartz und anderen Studierenden in Trier mit dem Ziel gegründet, eine freie Bühne mit Ausstellungsraum und Design-Shop professionell zu betreiben. Vier Monate logierten die Theaterleute in der ehemaligen Druckerei Sonnenburg in der Zuckerbergstraße. Seitdem tingeln sie von Spielstätte zu Spielstätte, vom Domfreihof, dem Mergener Hof, der Tufa bis zur Skaterhalle in Trier-West. (tab)

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