Keine Chance für Langeweile

EUREN. Eine feste Größe im Westen Triers ist seit fast 30 Jahren das Jugendzentrum Euren. Die selbst verwaltete Einrichtung öffnet ihre Räume auch für Jugendliche aus benachbarten Stadtteilen.

 Das Eurener Jugendzentrum ist auch für Kinder da. Am Französisch-Sprachkurs nehmen bereits Fünfjährige teil.Foto: Cordula Fischer

Das Eurener Jugendzentrum ist auch für Kinder da. Am Französisch-Sprachkurs nehmen bereits Fünfjährige teil.Foto: Cordula Fischer

Tapetenfetzen an den Wänden, frei liegende Rohre, mit Malerfolie abgedeckte Möbel - das Büro von Marita Wollscheid gleicht eher einer Baustelle als einem Arbeitsplatz. Wenigstens funktioniert die Heizung wieder, nachdem im November die maroden Leitungen brachen und das Gebäude unter Wasser setzten. Doch auch derlei widrige Umstände schmälern nicht das Engagement und den Idealismus, mit dem Marita Wollscheid seit 24 Jahren das Jugendzentrum Euren leitet.Uni und Paul Kreutzer standen Pate

Bis vor knapp 30 Jahren trafen sich Jugendliche und Motorradrocker am Helenenbrunnen, verbreiteten Unmut unter den Anwohnern. Das Jugendzentrum hob 1974 eine studentische Initiative an der Trierer Uni mit maßgeblicher Unterstützung des damaligen Bürgermeisters und Kulturdezernenten Paul Kreutzer aus der Taufe. Als Relikt aus dieser Zeit steht die Einrichtung noch heute unter freier Trägerschaft des Jugendtreff Trier-Euren e.V. und hat ihr Domizil im Frontgebäude des Bürgerhauses in der St.-Helena-Straße.Zunächst fanden dort ältere Jugendliche einen neuen Treffpunkt. Marita Wollscheid, die sich seit 1979 in der Eurener Jugendarbeit engagiert, kennt die sozialen und familiären Strukturen im Stadtteil, der Bedarf an Betätigungsfeldern auch für die Jüngeren ist groß. "Es hat lange gedauert, eine umfassende Konzeption zu erarbeiten", erklärt sie. Mittlerweile richtet sich das Angebot an die Altersgruppen zwischen fünf und 23 Jahren. Gegen das immer noch verbreitete Vorurteil, durch den offenen Jugendtreff seien Ärger und Krawalle programmiert, kämpft die Leiterin mit ihrem Mitarbeiter Daniel Kronenberg entschieden an. Erklärtes Ziel ist es, "einen sozialen Raum für Begegnung und zur Kompensation von Bildungsdefiziten" zu bieten, Jugendlichen durch die Einbeziehung in die gruppenpädagogische Arbeit Verantwortungsgefühl und Selbstbewusstsein zu vermitteln.Im stark frequentierten offenen Treff können sich junge Leute an Kicker, Flipper, Tischtennisplatte und Billardtisch austoben oder einfach nur reden. Die Kunst- und Theaterwerkstatt fördert kreative Neigungen. Im Moment studieren die Kids das Stück "Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry ein, das sie voraussichtlich im Juni in der Tufa vor Publikum aufführen werden.Nachhilfe, Aerobic, Ferienfreizeiten und Exkursionen stehen ebenso auf dem Programm wie Französischkurse für Kinder. Da lernt der kleine Nikolas mit seinen Freunden spielerisch bereits im Grundschulalter die neue Sprache. Seine Mutter Petra Bohr teilt nicht die Bedenken einiger Eltern gegenüber dem Jugendzentrum: "Ich bin froh, dass es diese Einrichtung in unserer unmittelbaren Nachbarschaft gibt. Kinder müssen so früh wie möglich lernen, sich in verschiedenen sozialen Gefügen zurecht zu finden."Eine der jüngsten Errungenschaften ist das Internet-Café. "Unsere Computer sind leider etwas veraltet", bedauert Marita Wollscheid. Trotzdem können Jugendliche dort den Umgang mit den neuen Medien als nützliche Lernerfahrung für das spätere Leben üben.Das Musikcafé "Linie 1", benannt nach der Buslinie durch Euren, öffnete im vergangenen November erstmals seine Türen. Den Keller haben Jugendliche 1990 eigenverantwortlich mit Marita Wollscheid ausgebaut. Die Organisation von Discos und Feten übernehmen die Jungen und Mädchen selbst, Themenabende sollen ihnen verschiedene Musikrichtungen näher bringen. Der Treffpunkt mit fast 30-jähriger Tradition ist ein Glücksfall für die jungen Eurener, denn für sie sind Ex-Haus oder Mergener Hof auf der anderen Moselseite wenig attraktive Anziehungspunkte.Das Konzept trägt Früchte

"Um präventive Jugendarbeit leisten zu können, muss man ständig versuchen, neue Wege zu beschreiten und im nahen Umfeld adäquate Handlungsräume eröffnen", sagt die Leiterin. Das Konzept geht auf, und die Kampfansage gegen die aus Langeweile entstehende Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen trägt in Euren Früchte.Der Kulturring-Vorsitzende Werner Götz, der als Vermieter der Räume des Jugendzentrums und Besitzer des benachbarten Bürgerhauses unmittelbaren Kontakt zu der Einrichtung hat, bestätigt: "Wenn es das Jugendzentrum nicht gäbe, wäre die Jugendproblematik ähnlich hoch wie in den anderen Stadtteilen."Morgen in unserer Euren-Serie: Ein Bericht über das TV -Ortsgespräch gestern Abend im Bürgerhaus.

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