Keine Kohle mehr aus Trier fürs Kohlekraftwerk

Trier · Ein Ausstieg der Stadtwerke Trier aus dem Projekt Gekko rückt näher. In einer Sondersitzung des Stadtrats an diesem Montag wird eine große Mehrheit der Ratsmitglieder für ein Ende der Beteiligung an dem Kohlekraftwerk stimmen. Nach TV-Informationen soll die Gewinnausschüttung der SWT an die Stadt unangetastet bleiben. Die Millionenverluste infolge des Gekko-Projekts dürften sich dennoch auch im städtischen Haushalt bemerkbar machen.

Trier. Über eine "Beteiligungsangelegenheit" werden die Ratsmitglieder entscheiden, besagt die Tagesordnung für eine nichtöffentliche Sitzung des Stadtrats am Montag - und zwar die der Trie rer Stadtwerke am RWE-Projekt Gekko. Seit der Konzern 23 kommunale Versorger mit ins Boot nahm, um ein Steinkohlekraftwerk im westfälischen Hamm zu errichten, folgte eine Hiobsbotschaft nach der anderen. Nun bieten die Essener zwei Ausstiegs-Optionen an, und die SWT wollen komplett raus dem Kraftwerk (der TV berichtete).
Grüne und SPD wollten erst gar nicht einsteigen. 2007 stimmten sie gegen die Beteiligung, wurden aber von CDU, UBM und FDP überstimmt. Von "längst überfälligen Konsequenzen" aus "einer katastrophalen Fehlentscheidung", spricht Grünen-Fraktionschefin Petra Kewes nun, es sei "genau das eingetreten, was wir als Risiko stets benannt haben: Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien, ohne nennenswerte Reduzierung der Kohleverstromung, haben die Überkapazitäten im Netz für einen Preisverfall an den Strombörsen gesorgt." Dennoch hätten die SWT langfristige Kohlestrom-Lieferverträge abgeschlossen, die sich heute "als Millionengrab" erwiesen.
Ausstieg wird vorgeschlagen


Wie viel Geld Gekko die Stadtwerke am Ende kosten wird, ist unklar. Da der Stadtrat hinter verschlossenen Türen tagt, ist auch die Vorlage des Stadtvorstands nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Immerhin so viel verrät das Presseamt des Rathauses auf Nachfrage: Die Verwaltungsspitze werde einen Ausstieg vorschlagen. Diesen Vorschlag wird wohl eine überwältigende Mehrheit des Stadtrats unterstützen. So spricht der SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende von einem "Ende mit Schrecken dieses millionenschweren Fehlers". Seine Fraktion habe 2007 "vorrangig aus Gründen des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit" gegen die Beteiligung gestimmt, erklärt Sven Teuber und kritisiert das damalige Abstimmungsverhalten der CDU. Eine Lehre müsse jetzt sein, "dass man keine Beteiligungen mehr beschließt, bei denen man nur zu Promilleanteilen Anteilseigner ist und auch dementsprechend behandelt wird." FWG-Ratsmitglied Hans-Alwin Schmitz verteidigt die Haltung seiner 2007 noch als UBM firmierenden Fraktion: "Aus damaligem Blickwinkel war die Entscheidung für eine Beteiligung am Projekt Gekko richtig." Es sei der UBM um wirtschaftliche Erwägungen gegangen. Schmitz weiter: "Leider haben sich die Hoffnungen nicht erfüllt, und deshalb ist es richtig, dass die Stadtwerke jetzt vorschlagen, die Beteiligung am Kohlekraftwerk zu beenden."
Auch die FDP-Fraktion befürwortet den SWT-Ausstieg. "Die Erfahrungen mit Gekko zeigen einmal mehr, dass Beteiligungen von städtischen Gesellschaften an derartigen Projekten sehr kritisch zu hinterfragen sind", erklärt der Liberale Tobias Schneider und ergänzt: "Wenn private Unternehmen hierbei ins Risiko gehen, stünden sie gegebenenfalls mit ihrem Vermögen ein, bei den Stadtwerken sieht das in letzter Konsequenz anders aus." Die Piraten durften 2007 nicht mitentscheiden, da sie im Rat noch nicht vertreten waren. "Eine Beteiligung am Steinkohlekraftwerk hätten wir nicht mitgetragen", sagt Darja Henseler, und die damalige Entscheidung sei aber "auch aus ökonomischer Sicht unklug" gewesen, kommentiert Henseler.
Geringere Einnahmen


Das sieht die Union anders: "Dass seinerzeit einige Experten in ihrer Einschätzung, das Kraftwerk sei wirtschaftlich zu betreiben, falsch lagen, war nicht absehbar", hält CDU-Partei- und Fraktionschef Udo Köhler dagegen, "aus damaliger Sicht erschien es uns im Interesse der Stadtwerke Trier als notwendig, sich am Kraftwerksbau zu beteiligen." Im Übrigen hätten vor den SWT auch SPD-geführte Kommunen wie Dortmund beschlossen, dass sich ihre Versorger an Gekko beteiligen, kontert Köhler die Kritik von SPD-Seite. Die Linke und AfD reagierten bislang nicht auf eine TV-Anfrage.
Nach unbestätigten TV-Informationen sollen sich die Verluste der Stadtwerke, die in den Jahren 2008 bis 2015 aus dem Projekt Gekko anfielen, auf mehr als 15 Millionen Euro belaufen. Allerdings soll dies die Gewinnausschüttung der SWT an die Stadt, die in den vergangenen Jahren jeweils bei rund 2,6 Millionen Euro lag, nicht schmälern. Spurlos wird das Ganze am Haushalt dennoch nicht vorübergehen. So rechnet man im Rathaus mit geringeren Gewerbesteuereinnahmen.
Extra

Als der Stadtrat 2007 den Weg freimachte für die Beteiligung der Stadtwerke Trier an Gekko, ging dem eine lebhafte Debatte voraus - in öffentlicher Sitzung. Nun sollen die Ratsmitglieder hinter verschlossenen Räumen beraten und entscheiden. "Ursprünglich war die Sitzung als öffentliche Sitzung vorgesehen. Nach dem Hinweis, dass vertragliche Regelungen einer öffentlichen Behandlung des Themas entgegenstehen, wird es nun eine nichtöffentliche Sitzung geben", heißt es aus dem Presseamt. Für die Grünen ist das nicht hinnehmbar: "Der Einstieg in das umweltschädliche Millionengrab Gekko wurde damals mit großem öffentlichen Brimborium zelebriert, und nun soll die politische Debatte über den Ausstieg hinter verschlossenen Türen stattfinden", kritisiert Ratsmitglied Thorsten Kretzer. Bisher sei es in solchen Fällen üblich gewesen, "dass es eine zweigeteilte Beratung gibt: eine öffentliche über die politische Bewertung und eine nichtöffentliche über die datenschutzrechtlich bedenklichen Teile." mst

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort