Keine städtischen Blitzer

Trier · Mit knapper Mehrheit haben die konservativ-liberalen Stadtratsfraktionen am Dienstag abgelehnt, dass die Verwaltung die Geschwindigkeitskontrollen im Trie-rer Straßenverkehr von der Polizei übernimmt. Grüne, SPD und die Linke plädierten für die kommunalen Kontrollen.

Trier. Rund vier Mal so viele Geschwindigkeitskontrollen wie derzeit von der Polizei im Stadtgebiet gemacht werden, hätte es künftig gegeben - wenn der Stadtrat am Dienstagabend dem Vorschlag von Thomas Egger gefolgt wäre. Der Ordnungsdezernent hatte ein umfangreiches und detailliertes Konzept entwickelt, unter welchen Bedingungen die Stadtverwaltung die Geschwindigkeitskontrollen im Trierer Straßenverkehr von der Polizei übernehmen könnte (siehe Extra).
Der Stadtrat selbst hatte den Dezernenten mit der Konzepterstellung im Sommer 2012 beauftragt (der TV berichtete mehrfach). Als es in der Stadtratssitzung am Dienstag darum ging, die kommunalen Geschwindigkeitskontrollen zu beschließen, stimmten CDU, FDP und überraschend auch die FWG dagegen.
Die konservativ-liberalen Fraktionen fürchteten finanzielle Verluste. "Zwar stellt das Konzept dar, dass sich Ausgaben und Einnahmen die Waage halten - ich glaube aber, dass das schöngerechnet ist", warf Thomas Albrecht dem Ordnungsdezernenten vor. "In unserer finanziellen Situation sollten wir uns nicht auch noch die Tempokontrollen, die die Polizei viel besser durchführen kann, ans Bein binden."
Oberbürgermeister Klaus Jensen betonte in der hitzigen Diskussion zwar mehrfach, dass alle Städte, die Geschwindigkeitskontrollen vornehmen - darunter Koblenz, Mainz und Kaiserslautern - daraus sogar ein Einnahmeplus erzielen. CDU, FWG und FDP überzeugte das nicht. "Eine Rentierlichkeit ist nicht realistisch", beharrte Richard Ernser von der FWG. Und Felix Brandt (FDP) sekundierte: "Wir sollten nicht viel, viel Geld in die Hand nehmen für etwas, bei dem kein Gewinn rauskommt."
CDU, FDP und FWG argwöhnten außerdem, dass die städtische Übernahme der Geschwindigkeitskontrollen politische Gründe habe: "Die Polizei ist originär zuständig für diese Kontrollen, die FWG ist nicht bereit, das Land aus politischen Gründen von dieser Aufgabe zu entlasten", sagte Ernser. "Wir können nicht die Verantwortung dafür übernehmen, dass wir nicht genug Polizisten haben", sagte FDP-Ratsmitglied Brand, selbst Polizist.
Die CDU führte auch an, dass die Kompetenzen städtischer Ordnungshüter nicht ausreichen würden. "Was ist, wenn jemand betrunken am Steuer erwischt wird oder ein Verbrecher? Die städtischen Bediensteten können dann nicht agieren." Wann es zu solchen Situationen kommen könnte, blieb allerdings unklar. Denn die städtischen Kontrolleure hätten Raser nicht angehalten, sondern die Geschwindigkeit lediglich per Blitzer- und Fotogerät überwacht. Bußgeldbescheide wären anschließend per Post verschickt worden. Alle übrigen Verkehrskontrollen, zum Beispiel auf Alkohol- oder Drogenkonsum der Fahrer, wären in der Verantwortlichkeit der Polizei geblieben.
Ordnungsdezernent Egger kritisierte die Freien Wähler: "Ich hätte mich gefreut, wenn die FWG nicht erst jetzt, sondern in den zurückliegenden Steuerungs- oder Dezernatsausschusssitzungen ihre Bedenken zu dem Thema geäußert hätten, dann hätten wir inhaltlich diskutieren und Fragen klären können."
Die Grünen griffen ebenfalls den konservativ-liberalen Stadtratsflügel an. Es ginge nicht vorranging um den finanziellen Aspekt, sondern um die Sicherheit auf Triers Straßen. "CDU und FWG reden immer davon, sich für die Bürger einsetzen zu wollen. Wird es dann konkret - und geht es um vermeintliche Nachteile für Autofahrer - dann nehmen sie eine Blockadehaltung ein", sagte Dominik Heinrich.
Rainer Lehnart (SPD) machte abschließend CDU, FWG und FDP dafür verantwortlich, dass durch deren Nein zur kommunalen Verkehrsüberwachung der Wunsch vieler Bürger nach mehr Geschwindigkeitskontrollen in den Wohngebieten nicht erfüllt werden könne.Meinung

Autofahrerfreunde
Viermal so viele Geschwindigkeitskontrollen wie bisher: Die städtischen Blitzer hätten so manchen Raser erwischt, der der Polizei nie ins Netz gehen wird. Wahrscheinlich hätten die vielen Kontrollen langfristig sogar einen Lerneffekt gehabt. Dann wäre es auf Triers Straßen nicht nur langsamer zugegangen, sondern es wäre auch sicherer und leiser geworden. Die Angst von CDU, FWG und FDP um finanzielle Verluste scheint da ein vorgeschobenes Argument zu sein. Schließlich hat der OB vom bundesweiten Städtetag berichtet, bei dem alle Kommunen bezeugt haben, durch die Kontrollen sogar zusätzliche Einnahmen zu haben. Und auch Dezernent Egger hat in der Ratssitzung mehrfach betont, in seiner Kostenaufstellung vorsichtig gerechnet zu haben. Statt von ausgeglichenen Finanzen sei eher von einem Plus auszugehen. Zudem sah das Konzept eine zweijährige Testphase vor - nach der bei tatsächlichen finanziellen Einbußen die Sache wieder an die Polizei hätte übergeben werden können. Entweder trauen CDU, FWG und FDP dem Oberbürgermeister, dem Dezernenten und den Bilanzen der anderen Städte also nicht über den Weg. Oder sie wollen ganz einfach nicht, dass es für Autofahrer unbequemer werden könnte in Trier. Wahrscheinlicher ist letzteres. c.wolff@volksfreund.deExtra

Um die Geschwindigkeitskontrollen im Stadtgebiet von der Polizei zu übernehmen, hätte die Stadt 3,5 neue Stellen im Innendienst schaffen müssen, dazu wären die Kosten für vier bereits bei der Verwaltung angestellte Hilfspolizeibeamte gekommen. Insgesamt hätten die Kontrollen damit Personalkosten von rund 357 750 Euro pro Jahr verursacht. Angeschafft worden wäre außerdem ein mobiles Messgerät für 110 000 Euro. Inklusive Bürokosten, einem neuen Dienstfahrzeug und den Folgekosten wären Kosten von insgesamt rund 500 000 Euro pro Jahr angefallen. Dem gegenüber gestanden hätten laut städtischen Berechnungen 500 000 bis 600 000 Euro Einnahmen aus Bußgeldern pro Jahr. Zugrunde liegt dieser Berechnung eine detaillierte Aufstellung der möglichen Arbeitsstunden der Hilfspolizisten und daraus abgeleiteten Kontrollzahlen. Nach Angaben der Polizei kann davon ausgegangen werden, dass jedes 25. Fahrzeug die vorgegebene Geschwindigkeit um mindestens neun Stundenkilometer überschreitet. Erst ab dieser Überschreitung fällt ein Bußgeld an. woc

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort