"Kinder gehören nicht den Eltern"

TRIER. Eltern, Lehrer und Vertreter der Schulbehörden haben sich auf Einladung des Evangelischen Kirchenkreises Trier zur Eröffnung des neuen Schuljahres versammelt. Der Neujahrsempfang in der Konstantin-Basilika stand unter dem Motto "Kinder stark machen".

Landeskirchenrat Rainer Michel zeichnete beim Empfang den ehemaligen Vizepräsidenten der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Karl Krämer für seine Zusammenarbeit mit der Kirche aus. Krämer wurde zum ersten "Ehrenlehrer" des Evangelischen Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums ernannt. Dieser Titel verpflichtet ihn zu jährlich zwei Stunden Unterricht in der Schule in Schweich, was bei den anwesenden Eltern und Lehrern mit Heiterkeit aufgenommen wurde. Das seit diesem Schuljahr staatlich anerkannte Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium verdiene Unterstüt-zung, sagte der Präsident der ADD, Josef Peter Mertes, der die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen vertrat. Denn das Gymnasium achte besonders auf "Werte-Erziehung" und wolle Schule als einen Lebensraum entwickeln, in dem Kinder stark werden können. Superintendent Christoph Pistorius wies darauf hin, dass die Ausstellung im Eingangsbereich der Basilika viel mit dem Thema des Empfangs zu tun habe. Die Ausstellung "Wir wollten das Andere" über Jugendliche im Umfeld der Widerstandsgruppe in Nazi-Deutschland "Weiße Rose" verweise auf das Thema "Kinder stark machen - Erziehung und Bildung gegen Gewalt, Sucht, Krankheit und Angst". Wie Schule sich hierfür ändern muss, erläuterte der Hamburger Erziehungswissenschaftler Professor Peter Struck. Ausgehend von den Ergebnissen der Pisa-Studie, erklärte der Reformpädagoge, welche neue Ansätze Schulen in Kanada, Dänemark und Finnland zu besseren Lernerfolgen führen. In Deutschland würden Kinder in den ersten beiden Klassen überfordert und dann bis zum Abitur unterfordert. Das größte Erzie-hungsdefizit unserer Gesellschaft sei, dass Erwachsene dächten, sie hätten starke erzieherische Einflüsse auf Kinder. Den stärksten Einfluss auf Kinder hätten jedoch andere Kinder. Am wichtigsten sei jedoch zu erkennen: "Kinder gehören nicht den Eltern. Wir begleiten unsere Kinder nur ein Stück weit während ihres Lebens", mahnte Struck. Wer dies erkenne, der finde als Eltern oder Lehrer zu Gelassenheit. Krämer, selbst im Ruhestand, will als Ehrenlehrer den Kindern "etwas Praktisches beibringen": "Woher die Bezeichnungen der Wochentagen kommen" zum Beispiel oder "dass es in der Region Trier viele geschichtlich bedeutende Grabsteine gibt".

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