Kindergartenausbau birgt Konfliktstoff

Zemmer-Schleidweiler · Weil die Gemeinde Zemmer ihre Kindertagesstätte (Kita) im Ortsteil Schleidweiletr erweitern will, ist es zur Kontroverse mit den örtlichen Vereinen und Gruppen gekommen. Grund: Für den "Ausbau" der Kita soll der Gemeindesaal herhalten. Nach einer emotionsgeladenen Ortsbeiratssitzung in Schleidweiler glätteten sich die Wogen jedoch wieder.

 Vor der Sitzung: Bürger protestieren gegen die „Vereinnahmung“ ihres Gemeindesaals. TV-Foto: Friedhelm Knopp

Vor der Sitzung: Bürger protestieren gegen die „Vereinnahmung“ ihres Gemeindesaals. TV-Foto: Friedhelm Knopp

Zemmer-Schleidweiler. Das Gemeindehaus Schleidweiler und die örtliche Kita bilden baulich einen zusammenhängenden Komplex in der Ortsmitte. Allerdings besteht dieser Zusammenhang nur äußerlich - tatsächlich sind die beiden Gebäudeteile nach ihren Funktionen getrennt und bilden selbstständige Einheiten.
Drei Erweiterungslösungen


Im Herbst 2010 beschloss die Ortsgemeinde, Pläne zur Erweiterung der Kita-Kapazität. zu schmieden - insbesondere im Hinblick auf den 2013 kommenden Kita-Anspruch für Einjährige. Um einen zusätzlichen Gruppen- oder Bewegungsraum zu schaffen, standen im Dezember 2010 mehrere Möglichkeiten auf dem Prüfstand.
Eine angedachte Containerlösung wurde als zu teuer verworfen - ebenso ein konventioneller Anbau. Den Vorschlag, das alte Feuerwehrhaus zu nutzen, lehnte die Kita selbst als nicht machbar abgelehnt. Als finanzierbare Lösung blieb die Mitnutzung des benachbarten Gemeindesaals durch den kirchlichen Kita-Träger "Kindergarten GmbH". Ein Mauerdurchbruch, ein neuer Durchgang und eine teilweise Umgestaltung des Saals erschienen als kostengünstigste Lösung, durch die sich in kurzer Zeit viel Zusatzplatz schaffen ließe.
Die Idee schlug bei den Vereinen in Schleidweiler wie eine Bombe ein. Zu den erklärten Gegnern dieser Lösung zählt Melitta Wallenborn, CDU-Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat Zemmer, ebenso Ortsbürgermeister a. D. Winfried Wollscheid sowie zahlreiche Bürgerinnen und Bürger aus Schleidweiler. Alle erinnern an die großen Eigenleistungen, mit denen Vereine und Bürger einst die alte Dorfschule in ein Bürgerhaus mit Gemeindesaal verwandelt hatten. Bis heute sei dieser stark genutzte Saal Dreh- und Angelpunkt des örtlichen Vereinslebens. Durch die Nutzungsänderung werde dies alles infrage gestellt.
Sowohl in einer Sitzung des Ortsbeirats Schleidweiler, die sogar im umstrittenen Saal stattfand, als auch bei einer anschließenden Sitzung des Zemmerer Gemeinderats stand nun das Thema im Mittelpunkt.
Streitbare Zuhörer aus dem Ort


Schon kurz vor der Ortsbeiratssitzung diskutierten zahlreiche Schleidweilerer aufgeregt vor dem Bürgerhaus, als wollten sie den Bau mit Zähnen und Klauen verteidigen. Tatsächlich schlugen die Wellen dann hoch, als sich im Saal einige Zuhörer zu Wort meldeten und von Ortsvorsteher Hans-Jürgen Tögel mit Verweis auf die Gemeindeordnung zurückgewiesen wurden. Der ebenfalls anwesende Ortsbürgermeister Edgar Schmitt versuchte es mit sachlichen Argumenten. "Ich bin auch kein Freund von dieser Lösung. Es sind ausschließlich finanzielle Gründe, weshalb ich dies vorschlage", erklärte Schmitt und verlas ein Schreiben der Verbandsgemeindeverwaltung. Darin wird der mit rund 880 000 Euro verschuldeten Gemeinde Zemmer dringend geraten, zur Kita-Erweiterung die kostengünstige Gemeindesaal-Lösung zu wählen. Der Ortsbeirat lehnte die Variante schließlich mit einem Stimmenpatt ab - keine Empfehlung an den Gemeinderat Zemmer also. Viele Zuhörer - allen voran Ortsbürgermeister a. D. Wollscheid - tobten und schimpften.
Bei der anschließenden Gemeinderatssitzung in Zemmer hatte sich der Pulverdampf verzogen. Architekt Rolf Schuh erläuterte die drei Ausbauvarianten und Melitta Wallenborn trug ihre Argumente gegen die "Bürgersaal-Einvernahme" vor. In der (Finanz.-)Not stimmte der Rat schließlich für die Doppelnutzung des Schleidweilerer Gemeindesaals. Die Vereine im Ortsteil werden sich künftig also mit der Kita arrangieren müssen.Meinung

Bürger fühlen sich ausgegrenzt
Der Streit um die Nutzung des Schleidweilerer Gemeindesaals ist äußerlich beigelegt, doch bei vielen im Zemmerer Ortsteil wird der Groll weiterschwelen. Dieses in viel Eigenleistung geschaffene Gemeindehaus ist für die Betroffenen ein Identifikationsobjekt, ein Zeichen für Gemeinschaft. Die Empörung über den als "Enteignung" gefühlten Eingriff ist verständlich. Leider bleibt der verschuldeten Gemeinde keine andere Wahl, um ihr Kita-Problem zu lösen. Doch hätte diese Zwangslage in einer Bürgerversammlung diskutiert werden müssen. Nun jedoch fühlen sich die Betroffenen wieder einmal von der Politik ausgegrenzt und übergangen. Auch daher rührt der Groll. f.knopp@volksfreund.de

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