Kirchen vor der Schließung

Trier · Kirchenaustritte, Sanierungsstau, Finanzprobleme: Es gibt zu viele Kirchen in Trier. Während beispielsweise im Bistum Essen Kirchenumnutzungen oder -abrisse gang und gäbe sind, nähert man sich dem Thema Kirchenschließung in Trier allmählich.

 Auch die Schließung der Pfarrkirche St. Paulus in der Trierer Innenstadt steht derzeit zur Diskussion.TV-Foto: Friedemann Vetter

Auch die Schließung der Pfarrkirche St. Paulus in der Trierer Innenstadt steht derzeit zur Diskussion.TV-Foto: Friedemann Vetter

 Pastor Nicolay begrüßt nach der Kirchenschließung in Quint die Gläubigen in Ehrang. TV-Foto: Gabriela Böhm

Pastor Nicolay begrüßt nach der Kirchenschließung in Quint die Gläubigen in Ehrang. TV-Foto: Gabriela Böhm

Mit der Quinter Filialkirche Mariä Himmelfahrt ist im November die erste katholische Pfarrkirche in Trier geschlossen worden. Die Profanierung - das Ende der Nutzung eines Kirchengebäudes (siehe Hintergrund) - ist ein Vorgang, der auf Grund der rückläufigen Kirchgängerzahlen bundesweit längst an der Tagesordnung ist.

Es sei kein Geheimnis, dass es in der Stadt ein Überangebot von Kirchen gebe, sagt ein Bistums-Sprecher, ohne Namen zu nennen. Schließlich seien Schließungsabsichten vorrangig Sache der Pfarreien. Konkrete Vorgaben des Trierer Bistums oder Kategorisierungen in erhaltenswerte oder zu schließende Kirchen wie etwa in Mainz gibt es (noch) nicht.

Das Thema ist heikel: In der Filialkirche Mariä Himmelfahrt steckt viel finanzielles, soziales und tatkräftiges Engagement von Bürgern, die vor mehr als 40 Jahren mitgeholfen haben, ihre Kirche aufzubauen, und jetzt teilweise unter Tränen die Profanierung erlebten. Die Quinter Kirchgänger besuchen seit der Schließung die Ehranger Kirchen St. Peter oder Christi Himmelfahrt, wie Pastor Markus Nicolay beobachtet. Bei Bedarf will die Pfarrei einen Fahrdienst zu den Gotteshäusern organisieren.

Die weitere Zukunft der Quinter Kirche und des Areals sind ungewiss. "Wir versuchen weiter, das Gebäude und Grundstück an die Stadt zu verkaufen", bekräftigt Nicolay, der "nichts unversucht lassen will". In einem ersten Anlauf hatte die Stadt abgewunken.

Kritisch könnte es auf lange Sicht auch für die Kirche Christi Himmelfahrt in Ehrang werden. Zwar stünde die Kirche "in den nächsten fünf bis zehn Jahren" sicher nicht auf dem Prüfstand, so Nicolay, allerdings stünden größere Sanierungsarbeiten an. Über die Schließung von St. Paulus in der Innenstadt-Pfarrei Liebfrauen wird ebenfalls nachgedacht (der TV berichtete).

Auch die Protestanten (minimaler Rückgang der Mitgliederzahlen) haben mit ihrem Kirchenraum Sorgen, wenngleich die Evangelische Kirchengemeinde Trier nur wenige Predigtstätten hat. Die Christuskirche im Stadtteil Heiligkreuz soll jedoch bis spätestens 2014 aufgegeben werden. Die Gründe dazu sind finanzieller Art. Zudem soll das Gemeindeleben der insgesamt 10 839 Gemeindemitglieder in der Basilika zentraler organisiert werden.

Der Christuskirche gehört unter anderem der evangelische Kindergarten und ein weitläufiges Areal an. "Idealerweise sollte eine Glaubensgemeinschaft dort einziehen", sagt der Presbyteriumsvorsitzende Georg Friedrich Lütticken. Eine russisch-orthodoxe Glaubensgemeinschaft, die sich sowohl für Mariä Himmelfahrt als auch für die Christuskirche interessiert habe, ist offenbar abgesprungen. Notfalls zielen die Pläne auf den Verkauf des Areals, um aus einem Stiftungsvermögen die Kindergartenarbeit auszubauen - das Hanggelände in der Nähe des Mattheiser Weihers könnte ein Filetstück für Bauherren sein. Lütticken bedauert den Verlust der Christuskirche, die auch für ihre Gemeindefeste geschätzt wurde. "Es ist aber ein notwendiger Schritt."

Hintergrund Profanierung: Mit einer Profanierung wird die kirchliche Nutzung eines Kirchengebäudes beendet. Die Gründe dafür sind meist finanzieller Art. Der Vorgang unterliegt bestimmten kirchenrechtlichen Voraussetzungen. Der Profanierung kann eine andere würdige Nutzung oder ein Abriss folgen. Die Pfarrei St. Peter hofft auf eine Nutzung der Quinter Kirche als Turnhalle für die benachbarte Grundschule. Von einem Kauf nahm die Stadt aus finanziellen Gründen allerdings bislang Abstand. (gsb)

Meinung

Ungewohnt und bald normal

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann bezeichnet es als seine größte Herausforderung, die Menschen von der Attraktivität des Glaubens zu überzeugen und zu begeistern. Das hört sich nur im ersten Moment so an wie ein Ablenkungsmanöver von den Einnahme-Ausfällen des Bistums. Denn auch der Bischof und seine Mitstreiter wissen genau, dass sie den Rotstift ansetzen müssen. Das wird bei noch ungewohnten Kirchenschließungen schmerzhaft vor allem für ältere Gläubige, deren Herz an traditionellen Gewohnheiten hängt. Umso wichtiger ist die Begleitung solcher Vorgänge, die Vermittlung der Botschaft, dass lebendiger Glaube eben nicht von einem bestimmten Gebäude abhängt. Der Weg zum Gotteshaus wird für manche Trierer, Eifeler und Moselaner künftig länger als gewohnt - das gilt in manch anderem Bistum inzwischen als normal. m.hormes@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort