Klaus Jensen, der Brimboriums-Verweigerer

Trier · Völlig neue Töne für ein Trierer Stadtoberhaupt: Klaus Jensen wird am heutigen Samstag 60, lehnt aber eine öffentliche Feier ab. Begründung: "Ich mag kein großes Brimborium, wenn es um meine Person geht." Gefeiert wird dennoch: "Ganz klein im Familienkreis."

Trier. Wäre es nach Klaus Jensen gegangen, dann würde die Öffentlichkeit keinen Wind bekommen von seinem runden Geburtstag. "Trier wird in diesem Jahr 2028 - das ist ein triftiger Grund zum Feiern. Aber 60 Jahre Klaus Jensen? Das hat doch nur einen sehr begrenzten Nachrichten- und Nährwert." Sympathisches Understatement, das in bemerkenswertem Gegensatz zu vielen anderen Polit-Würdenträgern steht. Oberbürgermeister-Vorgänger Helmut Schröer etwa feierte am 23. November 2002 seinen 60. mit einem mehrstündigen Bürgerempfang im proppenvollen großen Rathaussaal. Alles selbst bezahlt und statt Geschenken waren Spenden für die Arbeitsgemeinschaft Trierer Kinder gewünscht - absolut honorig und nicht zu beanstanden.
"Das war völlig okay", findet auch Jensen, "Nur ist so etwas eben nicht mein Ding. Als Privatperson muss ich nicht in der Öffentlichkeit stehen."
Jensen - das etwas andere Stadtoberhaupt. Das zeigt sich schon bei der Beschaffung von Bildern aus seinen Kindheits- und Jugendtagen. Wo andere ganze Fotoalben im Regal haben, verfügt Jensen gerade einmal über ein halbes Dutzend Aufnahmen. Begründung: "Wir waren arme Leute und hatten keinen Fotoapparat." Deshalb gibt es auch nur wenige Fotos, die das vierte von fünf Kindern einer Duisburg-Süder Arbeiterfamilie ohne Bart zeigen. Als 16-jähriger Ostermarschierer war Jensen noch kahl ums Kinn, zwei Jahre später nicht mehr. Seither gehört der Bart zu Jensen wie sein feinsinniger und bisweilen schräger Humor: "Wenn man mir unbedingt gratulieren will: Ich stehe fast jederzeit für Huldigungen zu Verfügung."
Obacht, Satire! Nicht jeder kann oder will Jensens Hang zu verbalen Späßen nachvollziehen.
Jensen und der trierische Ernst


Spätestens im OB-Wahlkampf 2006 bekam er, der eher lockere, menschennahe Ruhrgebiets-Typ, den trierischen Ernst in vollen Breitseiten ab: "Wenn ich so eine Bemerkung wie die mit den Huldigungen damals gemacht hätte, dann wäre das bewusst missverstanden und wochenlang drauf herumgeritten worden: Dieser größenwahnsinnige Jensen."
So weit kam es nicht. Der unabhängige, von SPD und Grünen unterstützte Kandidat Jensen wurde der nach CDU-Mann Schröer zweite von den Bürgern gewählte OB Triers. "Ein Traumjob", wie Jensen gerne betont, und für seine Wahlheimat ein Novum. Auf dem Rathaus-Chefsessel ein Kriegsdienstverweigerer, der, gerade Trierer geworden (1976 vom damaligen Bürgermeister Paul Kreutzer als Sozialplaner ins Rathaus geholt), privat schon bald auf Konfrontationskurs mit der Obrigkeit gegangen ist. Jensen gehörte zur Sprechergruppe der Bürgerinitiative "Rettet den Weißhauswald", der es gelang, 12 000 Unterschriften zu sammeln und das Weißhaus samt Waldgebiet drum herum für die Naherholung zu erhalten.
Er sei mit einem Vorurteil ins OB-Amt gegangen, sagt der Sozialdemokrat, der von 1994 bis 1999 Staatssektär im Mainzer Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit war: "Ich war ziemlich sicher, permanent kritisiert zu werden." Tatsächlich aber erfahre er "weitaus mehr Bestätigung und Ermunterung. Das Gros der Bürger weiß und sieht ein, dass heutzutage viele politische Entscheidungen unpopulär sind, ja sein müssen."
Er sei gerne OB. Der Frage, ob er für eine zweite Amtszeit kandidiert, weicht er aus: "Das entscheide ich spätestens 2014." Muss er wohl auch, denn im selben Jahr wird gewählt.
Und wie feiert der Laufsport-Freund ("zweimal wöchentlich zehn bis 15 Kilometer in Wäldern unterwegs") mit Faible für Kultur, Kino und Theater seinen 60.? "Ganz privat und unspektakulär mit meiner Familie." Will meinen: mit Gattin Malu Dreyer, mit der er seit 2004 verheiratet ist, und den drei erwachsenen Kinder aus erster Ehe mit der 2001 verstorbenen Helene Hillesheim-Jensen.
Geburtstagswunsch? "Ganz allgemein: Dass wir Deutschen uns öfter bewusstmachen, wie gut es uns geht." 2010 hätten Malu Dreyer und er Urlaub in Ruanda (Zentralafrika) gemacht und hautnah erlebt, welche existenziellen Nöte die Menschen dort plagen: "Und kaum zurück in Trier standen Parkplatz-Probleme ganz oben auf der Tagesordnung. Ein echter Kulturschock!"

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