Klein, aber fein

HEILIGKREUZ. Das Herrenbrünnchen ist ein wichtiges, aber auch verborgenes Kleinod Trierer Stadtgeschichte. Über die Bedeutung und Historie des Mittelalter-"Wasserwerks" und Tagungsort der Ratsherren informieren nun zwei großformatige dreisprachige Tafeln.

"Die Idee mit den Info-Tafeln ist so gut, die könnte von mir sein. Aber leider bin ich nicht darauf gekommen", gesteht Walter Zender (70) freimütig. Der Ex-Wasserwerks-Leiter hat sich lange und erfolgreich für die Restaurierung des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Gebäudes eingesetzt. Dass die Informationen nicht hinter Mauern und Hecken stecken bleiben, geht auf die Initiative von zwei Heiligkreuzerinnen zurück: Ortsvorsteherin Elisabeth Ruschel (CDU) und Stadträtin Waltraud Jammers (SPD) schlossen sich zu einer "großen Koalition" zusammen und bewegten die Stadtwerke als (seit 1909) Besitzer des historischen Gemäuers zur Aufklärungs-Offensive. Rund 1500 Euro hat sich das Versorgungsunternehmen die beiden Tafeln kosten lassen. Sie befinden sich neben dem Zugang zum Herrenbrünnchen-Grundstück an der Metzer Allee und am Ufer des Altbachs. Das Herrenbrünnchen, ein von der Straße nur schwer auszumachendes Barockhaus mit Brunnenstube im Erdgeschoss, steht auf geschichtsträchtigem Areal. Im Zweiten Jahrhundert errichteten die Römer über der hier entspringenden Quelle einen monumentalen Tempel. Erste schriftlichen Zeugnisse sind mehr als tausend Jahre jünger. Urkunden aus dem 13. Jahrhundert sprechen vom "Taufborn". Der sollte bald wieder - wie in der frühen Römerzeit - zur wichtigsten städtischen Wasserader avancieren und zur "Mutter der Trierer Brunnen".Vom Taufborn zum Saufborn

1494 entstand eine Brunnenstube und 1503 ein neuer Stollen. Neben dem Marktbrunnen konnten nun auch einige Klöster und öffentliche Anlagen direkt ans Leitungsnetz angeschlossen werden. 1568 klemmte Kurfürst Jacob von Eltz der aufmüpfigen Bürgerschaft kurzerhand zeitweilig die Zufuhr ab. Von 1682 stammt die bis heute erhaltene Brunnenstube. Den Vorgängerbrunnen samt Leitungen hatten neun Jahre zuvor Soldaten des französischen "Sonnenkönigs" Ludwig XIV. zerstört, ebenso das nahe gelegene Kloster St. Alban. Auf der Anhöhe über dem Altbachtal fühlten sich im 18. Jahrhundert Triers Ratsherren besonders wohl. Sie hielten dort regelmäßig Versammlungen und Feste ab und bauten, um auch bei Regen kräftig zechen zu können, 1728 auf die Brunnenstube einen überdachten Saal und gaben damit dem Herrenbrünnchen seine heutige Gestalt. Vom geselligen Treiben zeugen drei Wappentafeln von 1728, 1752 und 1759 mit launigen lateinischen Inschriften. Mit der Inbetriebnahme des ersten Trierer Wasserwerks (1884) und moderner Druckleitungen verlor das Herrenbrünnchen als Wasserlieferant an Bedeutung. Letzte Lieferadresse war bis 1970 das Stadtbad; dann kappte der Bau des Kaiserthermen-Verkehrskreisels auch diese Verbindung. Seither fließt das Wasser aus den Herrenbrünnchen-Stollen ungenutzt in den Altbach. Mit aufwändigen Sanierungsmaßnahmen retteten die Stadtwerke ihr "kleines Schlösschen", wie Direktor Olaf Hornfeck es stolz nennt. Führungen am jährlichen Tag des offenen Denkmals (nächste Auflage am 11. September) ziehen bis zu 800 Besucher an. Vielleicht wecken die neuen Info-Tafeln noch mehr Interesse. Auf Wunsch organisieren die Stadtwerke zusätzliche Führungen mit den Herrenbrünnchen-Spezialisten Walter Zender und Günther Molz. Anfragen unter Telefon 0651/717-1052.

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