Glaube im Alltag Mensch, wo bist du?

Fastenzeit, österliche Bußzeit oder Passionszeit heißen die mehr als vierzig Tage von Aschermittwoch bis Ostern. Je nachdem. Zum Auto-Fasten laden die Kirchen ein; zum Verzicht auf Süßes oder anderen Luxus; zu sieben Wochen ohne Lügen…

Jedenfalls könnte es eine besonders intensive Zeit werden. In vielen Trierer Kirchen hängt das neue Misereor-Hungertuch. Das stellt die Leute in dieser Fastenzeit vor die erste Frage aus der Bibel: Mensch – wo bist du? Im Paradies sucht Gott mit dieser Frage nach dem Menschen. Adam und Eva haben sich vor ihm versteckt. Sie haben vom Baum der Erkenntnis gegessen – und statt dass sie großartig werden wie Gott, war da nur die peinliche Erkenntnis: Oh – wir stehen ja nackt da! Sie müssen sich ein Schürzchen aus Blättern machen – alle Vertrautheit ist dahin.

Sie verstecken sich voreinander und vor Gott schon sowieso. Gott hat ja angekündigt, dass sie sterben müssen, wenn sie vom verbotenen Baum naschen. Aber statt sie gleich zu vernichten, sucht dieser Gott nach dem Menschen. Göttliche Inkonsequenz! Für Adam und Eva gäbe es noch eine Chance. Die haben sie leider vergeigt. Er sagt: Sie hat mich verführt. Sie sagt: Die Schlange war’s.

Mensch – wo bist du: Das ist eine neue Chance auch für heute. Jede und jeder kann endlich zu sich selbst und zur eigenen Verantwortung stehen – für das Gute, das sie tun; und für das Böse, für die Fehler und Versäumnisse auch. Und endlich Verantwortung für die Welt übernehmen, also Gottes Schöpfungsauftrag an alle Menschen erfüllen. Wer diese Chance ergreifen will, hört Gottes Frage und antwortet: Hier stehe ich – ziemlich nackt zwar, aber mit deiner Hilfe bereit, endlich anzupacken und aktiv mitzuarbeiten für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung…

Altfried G. Rempe, Pastoralreferent in Trier

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