Kolumne Straßenkampf Zu weit links ist Nötigung

Wohin es führt, wenn man all zu leicht mit juristischen Begriffen um sich wirft, um Politik zu machen, kann man auch in Trier erleben. Es geht um Nötigung.

 Die Aulbrücke ist nach wie vor eine Engstelle (Archivbild).

Die Aulbrücke ist nach wie vor eine Engstelle (Archivbild).

Foto: Rainer Neubert

Keine Angst. Niemand will sich (bisher) in der Ostallee an der Ostalle festkleben. Nein, es geht um die Aulstraße: Vielmehr um die Aulbrücke. Dort überholte Anfang der Woche ein schwarzer Klein-SUV einen Radfahrer. Laut Straßenverkehrsordnung ist das eigentlich nicht möglich. Denn die Fahrbahn ist dort rund 4,5 Metern breit. Das ist so schmal, dass kein Begegnungsverkehr zweier PKW erlaubt ist. Weiß jeder. Auch für das Überholen von Radfahrern ist da kein Platz. Es sei denn, man versteht die Straßenverkehrsordnung als fakultatives Regelwerk, dessen Einhaltung im persönlichen Ermessen des Verkehrsteilnehmers liegt. Denn seit mehr als zwei Jahren müssen Autofahrer mit ihren Fahrzeugen beim Überholen mindestens 1,5 Meter Abstand zu Fahrradfahrern einhalten. Das ist platztechnisch auf der Brücke nicht drin. Jedenfalls nicht regelgerecht.

Kommen wir von der tatsächlichen Ordnungswidrigkeit des Autofahrers zur scheinbarer Straftat des Radfahrers. Angesprochen auf das zu nahe Überholen gab der Autofahrer zu erkennen, das der Sünder nicht mit vier, sondern mit zwei Rädern unterwegs gewesen war. Denn der Radler sei nicht nahe genug am Rand der Fahrbahn gefahren. Sprich zu sehr in der Mitte der Fahrbahn. Das sei Nötigung. Strafrahmen: Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

Durch ein Fahrmanöver Angst um Leib und Leben?

Um nicht zu viel zu verraten. Der Radler muss nicht ins Gefängnis. Von Nötigung kann man dann sprechen, wenn jemand durch ein Fahrmanöver eines anderen Verkehrsteilnehmer Angst um Leib und Leben haben muss. Es ist nicht davon auszugehen, dass ein laut eigener Ansicht zu sehr links fahrender Radfahrer so viel Angst und Schrecken verbreitet, dass man als Autofahrer um Leib und Leben fürchten muss.

Was den Fahrer des Klein-Geländewagens in diesem Zusammenhang übrigens nicht interessierte, war der Hinweis auf den fehlenden Sicherheitsabstand. Das kann man dem Herren nicht zum Vorwurf machen. Denn Regeln sind immer nur so gut wie deren Kontrolle. Und eine Kontrolle des Sicherheitsabstands findet in Trier nicht statt. Das sei technisch nicht möglich, hat die Polizei auf Anfrage mitgeteilt. Was hingegen möglich ist, ist mittels ausgefeilter Technik herauszufinden, ob jemand während des Autofahrens ein Mobiltelefon am Ohr hat. So ist das halt mit den Prioritäten. Deshalb fühlen sich auch in Zukunft nicht nur ältere Herren in Klein-SUV im Recht, wenn sie nach empfundener Nötigung durch ihrer Meinung nach zu weit links fahrende Radfahrer diesen mal kurz zeigen, wie nah man Überholen kann. h.jansen@volksfreund.de

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