Trierisch balaawern Warum „tääglisch“ nichts mit „täglich“ zu tun hat

Dän Hanni öss schwer tääglisch geewen!, meint ein Freund über einen gemeinsamen Bekannten. „Daobei waor ett ömmer suu e staotse Käärel!“ „Jao, su öss datt Leewen eewen!“, kann ich da nur philosophieren.

„Was ist täglich mit dem Hanni??“, fragt der dabei stehende Volker aus Detmold, der Trierer Platt kaum versteht und dem sich der Sinn unseres Dialogs nur wenig erschließt.

Dem erklären wir jetzt schön langsam auf Hochdeutsch, dass der Hanni, von dem die Rede ist, inzwischen sehr hinfällig geworden sei. Das Trierische Wort tääglisch hat überhaupt nichts mit dem Tag zu tun, obwohl sich „tääglisch“ und „täglich“ ungefähr gleich anhören.

Tääklisch hat seinen Ursprung ganz anderswo, nämlich bei der Takenplatte. Was ist eine Takenplatte? Sie ist eine gusseiserne Platte und war in Bauernhäusern bis ins 19. Jahrhundert Bestandteil der Takenheizung, die in eine Aussparung der Feuerwand zwischen Küche und Stube eingemauert wurde.

Heute findet man Takenplatten nur noch im Antiquitätenhandel oder als rustikales Dekorationselement an Gebäuden. Der Sitz an der warmen Takenplatte war für die Alten und Gebrechlichen ein begehrter Ruheort. Und so leitet sich das Wort tääglisch von eben dieser Takenplatte ab: Wer an der Takenplatte seinen Altersruhesitz gefunden hatte, war takelig, und daraus formte die Mundart täkelig/täklig/tääglisch.

Außer dem Wort tääglisch, das ausschließlich auf Menschen bezogen werden kann, hat das Trierer Platt noch eine ganze Anzahl weiterer Wörter, die Dinge beschreiben, bei denen es um ähnlich bejammernswerte Eigenschaften geht: schmuchtisch (schmächtig), deijerlisch (bedauernswert), immpisch (mickerig), grobbisch, grotzelisch (hutzelig) oder gottserbärmlisch. Dann gibt es noch das veraltete Wort aoschärisch (armselig), das angeblich auf den primitiven ein-schärigen Pflug zurückgeht.

Schließlich erklären wir dem Volker auch noch, was ein „staotse Käärel“ ist, nämlich eine ansehnliche männliche Erscheinung, denn das Trierische Adjektiv staots bedeutet soviel wie stattlich, festlich, herausgeputzt. Es gibt auch die Vorsilbe staots. Sie verleiht Dingen immer etwas Hervorgehobenes: Staotsfraamensch, Staotskleider oder Staotsfaulenzer. Und wenn eine Sache ruiniert ist, heißt es: „Dao öss de Staot dervonn!“

Horst Schmitt

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