Kommen die Giganten?

Nach reger Pro- und Contra-Diskussion bei der Bürgerbeteiligung soll die für heute geplante Ratsentscheidung über die Aufhebung des Bebauungsplans "Windkraft Hungerberg" vertagt werden. Man verständigte sich darauf, zunächst weitere Expertisen einzuholen.

Trierweiler. Es war schwer verdauliche Kost, die den etwa 40 Zuhörern am Dienstagabend im Bürgerhaus Trierweiler geboten wurde. Denn bevor feststeht, was die Bürger wirklich interessiert (Kommen drei Mega-Windräder auf den Hungerberg oder nicht?) müssen Verfahrensfragen geklärt werden. Und diese sind so kompliziert, dass selbst Juristen keine eindeutige Prognose wagen.

Die Kernfrage ist: Ist der bestehende Bebauungsplan, der aus den neunziger Jahren stammt und eine Maximalhöhe von 100 Meter für Windräder festsetzt, heute noch zeitgemäß und sattelfest? Oder kann er juristisch zerpflückt werden, möglicherweise zum Schaden der Gemeinde?

"Mit großer Wahrscheinlichkeit sei der Bebauungsplan Hungerberg nichtig, weil er etwas reglementiere, was er nicht dürfe", sagte eingangs Ortsbürgermeister Matthias Daleiden. Auch Alfred Dewald von der VG-Verwaltung Trier-Land glaubt, dass die Gemeinde mit der ersatzlosen Aufhebung des Bebauungsplans besser fährt als mit der Alternative, den Bebauungsplan zu erneuern.

Dewald und Daleiden stützen sich auf die Einschätzung von Rechtsanwalt Paul Henseler (Trier). Kernproblem ist für ihn, dass es zwei Planungen für den Hungerberg mit unterschiedlichen Inhalten gibt: einen Bebauungsplan und den Flächennutzungsplan. Letzterer legt für den Bereich der VG Trier-Land nur Windkraft-Sonderflächen bei Welschbillig und am Hungerberg fest. Erst ab dem Jahr 2000 könnten Gemeinden über den Flächennutzungsplan bestimmte Gebiete für Windkraft festlegen und damit im Umkehrschluss andere ausschließen. Wenn man dann aber hingehe und die wenigen Vorranggebiete für Repowering-Anlagen reglementiere, so Henseler, müsse man dafür schon gute Argumente und ein schlüssiges Konzept haben.

Konsens: Auch Anlagen von 100 Meter wirtschaftlich

Für Rechtsanwalt Thomas Mock (Königswinter), der Anwohnerin Helma Diewald vertritt, ist der geltende Bebauungsplan mit Höhenbegrenzung juristisch hieb- und stichfest. Das Argument, nur 180-Meter-Anlagen seien wirtschaftlich, lässt er nicht gelten: "Heute sind die Stromvergütungen höher und die Anlagen billiger, auch 100 Meter hohe Windräder sind wirtschaftlich." Das räumen auch Georg Högner und Herbert Kluth von Betreiberseite ein. Allerdings verweisen sie darauf, dass bei Großanlagen die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt geringer seien als wenn man den gleichen Ertrag mit vielen Kleinanlagen erzielen wolle. Zurzeit stehen auf dem Hungerberg vier Windräder, zwei sollen weg, drei neue (zweimal 180 Meter, einmal 150 Meter hoch) kämen hinzu.

Ortsbürgermeister Daleiden will heute dem Rat (19.30 Uhr Gemeindehaus Udelfangen) empfehlen, die Entscheidung über eine Aufhebung des Bebauungsplans zu vertagen. Jetzt werde erst einmal mit Experten und Bürgern diskutiert, dann werde man entscheiden, voraussichtlich im Dezember.

Meinung

Gordischer Knoten

Von Albert Follmann

Wenn selbst Juristen nicht in der Lage sind, den gordischen Knoten am Hungerberg zu zerschlagen, wie soll denn der Gemeinderat zu einer "richtigen" Entscheidung kommen? Deshalb ist zu begrüßen, dass zunächst die Aufhebung des Bebauungsplans vertagt wird. Es wird zwar von Verwaltungsseite betont, dass das Verfahren ergebnisoffen bleibt und damit nicht automatisch Tür und Tor für die großen Windräder am Hungerberg geöffnet wird, aber das Ratsvotum wäre zweifellos eine Vorentscheidung dazu. Die Bürgerbeteiligung hat gezeigt, dass das Thema Windkraft auch zwei Jahre nach dem ersten Vorstoß den Bürgern unter den Nägeln brennt. Die Frage lautet nicht Windkraft ja oder nein, sondern: Müssen Windräder, die so hoch wie zwei Fußballfelder lang sind, dort geduldet werden, oder gibt es Alternativen, die eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung finden? Aufklärung tut not, der erste Schritt wurde am Dienstag gemacht. a.follmann@volksfreund.de

Extra

Bürger-Zitate

"Ich bin für Windkraft, würde sogar in sie investieren. Aber die Menschen haben einfach Angst vor der gewaltigen Höhe von 180 Metern." "Vor allem die Udelfanger werden drunter leiden. 150 Meter Berg vor einem und dann kommen noch einmal 180 Meter Windrad drauf. Das tut weh." "Die Mehrheit der Bürger ist dagegen, das muss auch der Rat berücksichtigen." (alf)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort