Kranken Zellen auf der Spur

TRIER. Für Nichtmediziner ist die Pathologie ein Buch mit sieben Siegeln. Wie die Arbeit in diesem Bereich wirklich aussieht, weiß kaum ein Normalbürger.

 Rund 85000 Proben werden jedes Jahr in der Trierer Pathologie bearbeitet.Foto: Hans Michael Engelke

Rund 85000 Proben werden jedes Jahr in der Trierer Pathologie bearbeitet.Foto: Hans Michael Engelke

Der Pathologe ist ein Mann des schwarzen Humors. Abgebrüht und mystisch arbeitet er rund um die Uhr, vertilgt seine Frühstücksbrötchen zwischen zwei Autopsien am Seziertisch und nervt Polizeikommissare mit langatmigen Befunden. Dieses Bild vermitteln zumindest Kino und Fernsehen in unzähligen Krimis ihren Zuschauern. Dass die Arbeit eines Pathologen im wahren Leben ganz anders aussieht, beweist die Trierer Pathologie. Dr. Karl Hinkeldey und seine beiden Kollegen, Professor Dr. Jörg Kriegsmann und Dr. Mike Otto, betreiben in der Moltkestraße die Gemeinschaftspraxis für Pathologie. Gemeinsam mit ihren etwa 45 Mitarbeitern sind die drei Ärzte in ihrer Praxis und den dazu gehörenden Laboren krankhaften Veränderungen von Geweben und Zellen auf der Spur. Zwar gehören Autopsien, also die Untersuchungen Verstorbener, auch heute noch zum Arbeitsgebiet der Pathologie, den Löwenanteil macht jedoch die Beurteilung von Gewebeproben aus. 1761 schuf der italienische Forscher Giovanni B. Morgagni mit seinem Werk "De sedibus et causis morborum - Vom Sitz und von den Ursachen der Krankheiten" die Grundlage für die heutige Pathologie. Der Begriff leitet sich vom griechischen "pathos", das bedeutet Leiden oder Krankheit, und von "logos", Lehre oder Wissenschaft, ab. Galt es in der Frühzeit der Pathologie noch, nur mit dem bloßen Auge zu erkennen, sind die Methoden heute ungleich besser entwickelt.Jährlich 85 000 Gewebeproben

Rund 85 000 Gewebeproben nehmen Hinkeldey und seine Kollegen pro Jahr entgegen. Oft ist es Material, das während einer noch laufenden Operation gewonnen wurde. Die Proben werden in den Laboren tiefgefroren und in extrem dünne Scheiben geschnitten. Diese Schnitte werden eingefärbt und am Mikroskop untersucht. Handelt es sich bei dem tumorverdächtigen Befund um ein Karzinom? Sind die Lymphknoten vom Tumor befallen? Durch diese so genannte intraoperative Schnellschnittdiagnose des Präparates und die Mitteilung des Ergebnisses an den operierenden Arzt wird die Entscheidungsfindung am Operationstisch oft erst ermöglicht. Dabei werden nicht nur Ergebnisse ausgetauscht. Aufgrund ihrer jahrelangen Erfahrung haben die Pathologen auch Empfehlungen an ihre Kollegen in den Krankenhäusern zur Hand. Erfolgsgeschichte schreiben die Trierer Pathologen auch auf dem Gebiet der Zytologie. Dabei werden einzelne Zellen aus Abstrichen oder Körperflüssigkeiten beurteilt. Besonders in der Krebsfrüherkennung beim Gebärmutterhalskrebs ist dieses Verfahren erfolgreich. Hinkeldey bestätigt: "Die Zahl dieser Fälle konnte in den letzten Jahren deutlich gesenkt werden." Natürlich gehören auch die Autopsien zum Berufsalltag des Pathologen. Rund 120 Obduktionen stehen pro Jahr an. In erster Linie geht es dabei darum, die endgültige Todesursache sowie die näheren Todesumstände zu klären. Nicht nur im Bereich der Rechtsmedizin sind diese Erkenntnisse wichtig. Auch bei der medizinischen Qualitätssicherung sind genaue Informationen unerlässlich. Waren die Diagnosen und die Behandlungsmethoden korrekt? Können Hinterbliebene ihre Ansprüche bezüglich der gesetzlichen Unfallversicherung nachweisen? Das sind Fragen, die in machen Fällen nur eine Obduktion sicher beantworten kann.

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