Passender Spender gesucht „Ich lasse mich nicht unterkriegen!“: Wie eine 21-Jährige zum zweiten Mal gegen die Leukämie gewinnen will

Trier · Wie geht man als 21-Jährige damit um, wenn man zum zweiten Mal an Leukämie erkrankt? „Positiv bleiben“, sagt Jana aus Trier, die einen Spender sucht. Doch während der Recherche verschlechtert sich ihr Zustand.

 Jana (21) aus Trier hat Leukämie und sucht einen Spender.

Jana (21) aus Trier hat Leukämie und sucht einen Spender.

Foto: TV/Privat

Diese Geschichte ist an vielen Stellen nicht schön. Setzen wir voraus, dass jede gute Geschichte ein Happy End hat, dann ist sie nicht einmal das. Sie sollten sie dennoch lesen. Denn wichtig ist sie. Kommt immerhin nicht besonders häufig vor, dass man als Leser dabei helfen kann, dass eine Geschichte gut wird, oder? Bevor Sie jedoch Ihren Teil zum Happy End beitragen: Wem helfen Sie da überhaupt?

Es ist der Mai dieses Jahres. Jana Schiffs Leben läuft langsam wieder in normalen Zügen. Ihr geht es wieder besser, der Krebs scheint besiegt. Sie ist wie immer gut gelaunt, unternehmungslustig und beschäftigt sich mit ihren großen Leidenschaften: Tiere und Autos. Im Oktober des Vorjahres sah das anders aus. Jana ist damals 20, als sie die schockierende Diagnose Leukämie erhält. Es beginnen harte Monate für die junge Frau aus Trier. „Ich habe die Chemos eigentlich immer gut vertragen“, sagt sie. Die einzige Auswirkung sei der Haarausfall gewesen.

Ein Problem ergibt sich jedoch dadurch, dass Jana eine Zeit lang kein Immunsystem hat und sich immer wieder Infekte einfängt. „Eigentlich waren es immer harmlose Infekte wie Fieber oder andere Entzündungen“, sagt sie. Eigentlich.

Denn einmal erkrankt sie an einer Blutvergiftung und – so vermutet sie – zeitgleich Corona. Zwei Wochen liegt sie auf der Intensivstation. Wie positiv Jana denkt, merkt man an Sätzen wie diesen: „Von der Zeit habe ich tatsächlich zum Glück sehr wenig mitbekommen, da ich so hohes Fieber hatte und um keine Schmerzen zu haben Morphium bekam.“

Einige Momente bleiben ihr jedoch in Erinnerung. Wie der, als ihre Schwester sie besucht. Jana geht es zu diesem Zeitpunkt jedoch so schlecht, dass sie nicht reden kann. „Das hat mich so wütend gemacht, dass ich auf dem Bett gelegen und am ganzen Körper gezappelt habe wie ein kleines Kind“, sagt sie. Wie durch ein Wunder geht es Jana später besser, kurz bevor sie künstlich beatmet hätte werden müssen. Die restlichen Monate verlaufen relativ ruhig.

Bis sie im Mai als „leukämiefrei“ erklärt wird. Nicht als geheilt, denn ein gewisser Wert liegt nicht bei null. Aber: „Ich war immer noch auf dem Weg, mich von der Behandlung und den Chemos zu erholen, aber es ging mir immer besser“, sagt Jana im Gespräch mit unserer Zeitung. An dieser Stelle könnte ein Happy End stehen. Tut es nicht.

Der Krebs kommt zurück: „Ich habe mich total verloren gefühlt“

Der 28. Juli. Bei Schiffs in Trier klingelt das Telefon. Es ist der Arzt. Janas letzte Probeentnahme sei etwas auffällig gewesen, sagt er. Dann der Schock: Die Leukämie ist zurück. „Ich habe mich total verloren gefühlt“, beschreibt Jana diesen Moment. „Als gäbe es keine Hoffnung mehr.“ Aber, und als sie das sagt, spürt man, wie zäh die mittlerweile 21-Jährige ist: „Obwohl das ja nicht stimmt.“

Denn auch wenn sie nicht damit gerechnet habe, dass der Krebs zurückkommen würde („Deshalb hat mich die Diagnose härter getroffen“): Jana will weiter kämpfen. Das entspreche ihrem Charakter, sagt sie: „Ich bin allgemein trotzdem sehr positiv und gut gelaunt und lasse mich von dieser Nachricht nicht unterkriegen. Natürlich hat man die Hoffnung, dass am Ende wieder alles gut werden wird“, sagt sie. Das zweite Adjektiv, mit dem sich Jana beschreibt ist: realistisch. „Ich lasse auch nicht den Gedanken komplett aus, was passieren könnte.“

Weil sie Realistin ist, ist der jungen Frau auch bewusst, wie schwer der Weg wird. Zunächst reist sie von Untersuchung zu Untersuchung. „Es wird geschaut, ob sich irgendwo im Körper Entzündungen verstecken, die behandelt werden müssen, bevor man das Immunsystem komplett herunterfährt“, erklärt Jana, als sie bei einem Check in Mainz sitzt.

 Jana Schiff aus Trier ist 21 und hat zum zweiten Mal Leukämie.

Jana Schiff aus Trier ist 21 und hat zum zweiten Mal Leukämie.

Foto: TV/Privat

Es ist Dienstag dieser Woche. Kurzer Wechsel in die Sicht des Autors. Die Recherche ist soweit abgeschlossen, der Text geschrieben. Er könnte hier und da noch etwas persönlicher werden, Jana möchte noch einige Dinge über sich und ihre Vorgeschichte berichten. An dieser Stelle hätte ein Happy End stehen können. Tut es nicht.

Janas Zustand verschlechtert sich

Denn Jana erzählt etwas anderes, als sie sich am Dienstagabend nach der Untersuchung meldet. Die Leukämie ist schon zurück, es geht schneller, als erhofft. „Ich bekomme jetzt vier Wochen lang Tabletten-Chemo, in der Hoffnung, das noch in den Griff zu bekommen“, sagt sie. Wenn die Tabletten nicht anschlagen, braucht sie wieder eine Chemotherapie. Ob wir den Text lieber canceln sollen, fragen wir. Vielleicht sei es zu persönlich.

„Nein“, sagt Jana entschieden, „ich würde es gerne trotzdem machen. Ich will ja sowieso auch damit erreichen, dass vielen anderen Leukämie-Patienten geholfen wird. Aber ja, es wird auch für mich jetzt noch ernster.“

Immer wieder bittet sie um Verständnis, wenn es mal etwas dauere, bis sie antwortet. Oder etwas nicht sofort schafft. Zur Erinnerung: Jana ist 21. Man hat das Gefühl, dass ihr schon in diesem Alter das Wohl anderer Menschen wichtiger ist, als das eigene.

Das spürt man auch, wenn sie von den Menschen spricht, die ihr helfen. Vor allem ihre Schwester unterstütze sie, sagt Jana. Auch ihre Eltern, Freunde und Arbeitskollegen seien immer da. „Ich habe das Gefühl, dass sie das viel mehr mit nimmt, als mich“, sagt Jana selbstlos. Es sei sehr schlimm, das zu sehen.

Firma organisiert Typisierungsaktion in Trier

Aber wie kommen wir jetzt zum Happy End? Fest steht: Sollten Janas Tabletten anschlagen, soll nach vier Wochen eine Stammzellentransplantation durchgeführt werden. „Die muss erfolgen, weil man ansonsten die Leukämie nicht mehr in den Griff bekommt“, sagt Jana. Aber: Dafür muss zunächst ein Spender gefunden werden. Dass der Zeitraum für diese Suche durch die schlechten Nachrichten vom Dienstag verkürzt wurde, ist Jana bewusst. Doch als sie das erzählt, wird sie wieder positiv: „Eigentlich geht es mir gut. Ich merke nur, dass ich wieder sehr oft müde werde und mehr schlafen muss“, sagt sie.

Manchmal können in solchen Fällen Spenderdateien wie die der Stefan-Morsch-Stifung helfen. Die Suche ist schwierig. Denn für eine Stammzelltransplantation müssen die genetischen Gewebemerkmale übereinstimmen, die bei Menschen in unzähligen Kombinationen vorkommen. In der Datei der Stiftung aus Birkenfeld sind beispielsweise rund 500.000 Menschen registriert. Unter ihnen wird gesucht – und manchmal gefunden.

Nicht bei Jana. Für sie konnte bisher kein Spender gefunden werden. Die Zeit läuft. Gegen Jana.

Abwarten kommt deshalb nicht in Frage. Auch nicht für Janas Arbeitgeber, GKN Driveline im Ehranger Hafen. Dort arbeitet die 21-Jährige als Zerspanungsmechanikerin. Beziehungsweise: Will wieder arbeiten. Denn nach ihrer ersten Leukämie-Diagnose steht der Termin für die Rückkehr an den Arbeitsplatz fest. Janas Team legt zusammen und schenkt ihr einen Erlebnisgutschein. Doch noch vor dem Neustart bekommt Jana ihre zweite Diagnose: „Als wir von der erneuten Erkrankung gehört haben, wollten wir sie alle sofort unterstützen“, sagt Personalleiter Gregor Münch.

Um Janas genetischen Zwilling zu finden, der ihr helfen könnte, organisiert das Unternehmen gemeinsam mit der Stephan-Morsch-Stiftung eine Typiserungsaktion. Diese findet am Sonntag, 11. September, von 12 bis 17 Uhr, im Trierer Betriebsrestaurant, Hafenstraße 41.

Jana blickt nach vorne. So ist eben ihr Charakter. Positiv. Wenn sie den Krebs besiegt hat, will sie reisen. Traumziele? „Ich würde auf jeden Fall gerne nach Thailand, Afrika und China.“

An dieser Stelle könnte ein Happy End stehen. Tut es nicht. Noch nicht.

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