Krönung eines Kandidaten

TRIER. Die Trierer SPD wird zur Wahl des Oberbürgermeisters keinen eigenen Kandidaten nominieren, sondern Parteimitglied Klaus Jensen (Foto) bei dessen unabhängiger Kandidatur unterstützen. Das ist das Ergebnis eines außerordentlichen Parteitags am Samstag im Gillenbachtal.

Rund 850 Mitglieder hat die SPD in der Stadt Trier. 80 von ihnen sind an diesem Morgen nur aus einem Grund gekommen: Sie wollen einem Mann aus ihren Reihen den Rücken stärken. Dass Klaus Jensen nicht als sozialdemokratischer Bewerber antritt, um erster Bürger der Stadt zu werden, spielt beim Sonderparteitag keine Rolle. "Aufbruch für Trier!" ist vielmehr eine Resolution überschrieben, die einstimmig verabschiedet wird. Darin heißt es: "Weil wir überzeugt sind, dass Klaus Jensen die Grundhaltungen und Werte der SPD Trier in praktische Politik umsetzen kann, unterstützen wir seine unabhängige Kandidatur zum Trierer Oberbürgermeister und verzichten auf die Nominierung eines eigenen Kandidaten."Jeager propagiert den Machtwechsel

Haudegen wie Ex-Staatssekretär Karl Haehser oder der Bundestagsabgeordnete Karl Diller sowie hohe Funktionsträger wie die Vorsitzende Malu Dreyer und Stadtrats-Fraktionschef Friedel Jaeger lassen in ihren Beiträgen keinen Zweifel daran, dass sich die Partei mit Klaus Jensen im Aufwind sieht. "Die SPD war bei der Bundestagswahl stärkste Kraft in Trier, während die CDU eine heftige Schlappe erlitten hat - das sollte uns Mut machen", stellt Dreyer heraus. Jaeger propagiert den Machtwechsel: "Die CDU stellt seit 1946 den Oberbürgermeister. Diese Vorherrschaft hinterlässt verkrustete Strukturen, die zu einer Politik nach Gutsherrenart führen." Mit Spannung erwarten die Sozialdemokraten die Rede von Klaus Jensen, und der enttäuscht seine Anhänger nicht. Am Ende seiner Ausführungen klatschen die Mitglieder minutenlang begeistert Beifall, erheben sich von den Stühlen. Manche umarmen den 53-Jährigen. Er hat mit den dargelegten Grundsätzen und den Schwerpunkten seiner Kandidatur den Nerv der Basis getroffen. Beteiligung, Transparenz, Unabhängigkeit: Auf diese drei Säulen baut Jensen seine Bewerbung auf. Schon beim ersten Stichwort übt er scharfe Kritik an Amtsinhaber Helmut Schröer, obwohl er dessen Namen nicht ein Mal in den Mund nimmt. "Wer die Ortsteilbudgets ohne Debatte halbieren will und damit versucht, Interessen gegeneinander auszuspielen, macht die falsche Politik. Der Vorschlag ist gut, muss aber am Ende einer Diskussion stehen", ruft Jensen und erntet tosenden Applaus. Er verstehe unter Beteiligung, mit den Bürgern Lösungen zu erarbeiten. Dabei spielten die Ortsbeiräte eine wichtige Rolle: "Man darf sie nicht generell als lästig ansehen." Jensen nennt auch die Stadtteilrahmenpläne, die für ihn "ein ausgezeichnetes Instrument sind". Jedoch höre er von vielen Bürgern deutliche Kritik, "weil sie sich frustriert fragen, was am Ende dabei herauskommt". Es sei der "eklatante Fehler begangen worden, keine Prioritäten festzulegen". Auch beim Stichwort Transparenz greift Jensen indirekt OB Schröer an und nennt als aktuelles Beispiel die zur Finanzierung der Moselstadion-Sanierung entdeckten Haushaltsreste. "Über Haushaltsreste muss man die Bürger und vor allem den Stadtrat rechtzeitig informieren, damit die Ratsmitglieder entscheiden können, wie das Geld eingesetzt wird." Zum Thema Unabhängigkeit, der dritten Säule seiner Bewerbung, erklärt Jensen: "Das entspricht der Erwartungshaltung vieler Bürger und meinem Verständnis vom Amt des Oberbürgermeisters." Es gebe im Stadtrat fünf Fraktionen, keine von ihnen spreche für die Mehrheit der Bevölkerung. Im Übrigen bedeute Unabhängigkeit "keine Distanz zur SPD", in deren Werten er verwurzelt sei. Eine Aussage, an der an diesem Tag kein Sozialdemokrat Zweifel hegt - einstimmig votiert der Parteitag für den Kandidaten Klaus Jensen.

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