Kümmerer im Land der aufgehenden Sonne

In Japan ist was Schlimmes passiert." Mit diesen Worten wurde Johann Aubart, Präsident der deutsch-japanischen Gesellschaft (DJG) Trier, am 11. März im Büro begrüßt.

Sein Mitarbeiter Nicolas Klein hatte gerade die ersten Fernsehbilder vom Erdbeben in Japan gesehen. "Da war uns das Ausmaß der Katastrophe noch gar nicht bewusst", erinnert sich Aubart. Als dann aber auch noch die Tsunamiwelle über die Küste rollte, wusste der 71-Jährige: "Das schaffen die Japaner nicht allein, wir müssen helfen."
Mehr als 140 000 Euro hat die Gesellschaft für Japan gesammelt. Bei der Suche nach einem geeigneten Spendenprojekt half die jahrelange Verbindung zu Nagaoka (siehe Extra). Triers Partnerstadt an Japans Westküste liegt nur 150 Kilometer vom Atomkraftwerk (AKW) Fukushima entfernt. 17 000 Menschen waren vor dem Tsunami nach Nagaoka geflohen, darunter etwa 100 Kinder. Für sie packte die DJG 31 Kisten, darin: Rucksäcke, Hefte, Handtücher, Hemden, ein Fußball. Von der "großen Freude der Kinder" hat sich der Trierer mit dem schwarzen Cowboyhut - Aubarts Markenzeichen - beim Besuch im Mai selbst überzeugt, begleitet vom japanischen Fernsehen. Reaktionen folgten prompt: "Auf der Straße hat mich ein altes Ehepaar am Hut erkannt und mir gedankt."
Das Ausmaß der Zerstörung hat Aubart in der Präfektur Miyagi gesehen, nördlich von Fukushima. "Es war niederschmetternd", beschreibt er. "Da war kein Stein mehr auf dem anderen." Weit im Landesinnern hätten sich zerstörte Fischerboote gestapelt, Kinderschuhe zwischen Trümmern gelegen. "Das treibt einem Tränen in die Augen." Umso schlimmer seien die Hürden, die Helfer in Japan überwinden müssten. "Wir kämpfen mit dem Bürokratismus." Vor allem beim zweiten Spendenprojekt, einer Gesellschaft, die Aubart mit einem Deutschen und zwei Japanern aufgebaut hat. Sie kaufen Gebrauchtwagen und verleihen sie kostenlos an Flüchtlinge in den Notunterkünften. Die fahren damit einkaufen oder zum Arzt. "Wir sollten Parkplätze nachweisen", klagt Aubart. Die Polizei habe die Flächen im Lager zunächst nicht akzeptiert. Mittlerweile sind aber 20 Autos in Gebrauch.
Kontakt nach Japan hält der 71-Jährige über Freunde in Nagaoka und anderen Städten, die der Jugendwart des Trierer-Stadtlauf-Vereins bei Sportcamps kennengelernt hat. Viel läuft übers Telefon, auf Deutsch oder Englisch. Kultur und Mentalität der Japaner faszinieren Aubart seit 30 Jahren, das "Saubere, Ehrliche", aber auch die Geduld. Derzeit hausten Tausende in Notlagern "ohne Licht und Wasser". In Europa sei "so eine Leidensfähigkeit undenkbar", sagt der Trierer. Der Japaner sei aber auch stolz. Um als Fremder dort zurechtzukommen müsse man einen Grundsatz verstehen: "Nehme nie einem Japaner sein Gesicht."
13 000 Euro Spenden wird Aubart noch verteilen. Sein Anliegen für 2012: Den Deutschen die Angst vor einer Japanreise nehmen. Derzeit finde er keine Begleiter für seine Fahrt im April. Dabei war er selbst sogar schon in der 30-Kilometer-Sperrzone rund um das AKW Fukushima. Der Wind treibe die Strahlung Richtung Pazifik, sagt Aubart und bekräftigt: "Außerhalb der Zone ist Japan sicher."
Christa Weber

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