Kultur-Euro ärgert Hoteliers und Veranstalter

Trier · Die neue Kultur- und Tourismusförderabgabe hat bisher nicht zu einem Rückgang der Übernachtungszahlen in Trier geführt. Während manche Gäste verwundert reagieren, hoffen Hoteliers und Reiseveranstalter darauf, dass das Bundesverwaltungsgericht den Kultur-Euro kippt.

Trier. Jörg Preimesberger ist sauer. Als Geschäftsführer der Donau-Touristik GmbH in Linz organisiert er Radreisen an der Mosel mit mehr als 20 000 Übernachtungen pro Jahr. Das Problem: Seit 1. Januar 2011 wird pro Übernachtung von erwachsenen Gästen in einem Trierer Beherbergungsbetrieb ein Euro an die Stadt fällig - plus sieben Prozent Mehrwertsteuer. "Bei 3200 Übernachtungen in Trier bedeutet das für uns einen Mehraufwand von über 3400 Euro pro Jahr", rechnet Preimesberger vor. Das heißt: Die Firma muss ihre Reisepaketpreise um die Kultur-Abgabe erhöhen oder den Betrag irgendwo einsparen.
Wegen der kurzfristigen Einführung des Kultur-Euros sei das überhaupt nicht kalkulierbar gewesen, da die Donau-Touristik spätestens im Oktober Reiseverträge für das folgende Jahr unterzeichne. Preimesbergers Fazit: "Wir überlegen für 2012 ernsthaft, auf andere Orte auszuweichen wie zum Beispiel Schweich."
"Das ist eine Mogelpackung"


Andrea Weber, Chefin des Trie rer Hotels Deutscher Hof, kann den Ärger verstehen: "Zwar ist nachvollziebar, dass sich die Stadt um Einnahmen kümmert. Aber wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt. Das Geld ist nicht zweckgebunden, also ist das Ganze eine Mogelpackung."
Oberbürgermeister Klaus Jensen und der Stadtrat haben zwar erklärt, mit den Einnahmen das kulturelle Leben in Trier fördern zu wollen. Doch aus rechtlichen Gründen fließt das Geld zunächst in den allgemeinen Haushalt.
Genau dieser "Etikettenschwindel" war das Hauptargument von Artur Friedrich, Geschäftsführer des Hotels Römischer Kaiser, für seinen Normenkontrollantrag gegen die Abgabe. Das Oberverwaltungsgericht in Koblenz lehnte den Antrag zwar ab (der TV berichtete). Gegen dieses Urteil läuft aber noch eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht.
"Wir hoffen, dass die Abgabe gekippt wird. Nur die Hotelbranche muss zahlen, aber von den Gästen profitieren zum Beispiel auch Gastronomie und Einzelhandel", beschwert sich Helmut Scheuering, Kreisvorsitzender Trier-Saarburg des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands, der die Klage unterstützt.
Die begehrten Gäste reagieren bei der Rechnung unterschiedlich. "Manche nehmen es hin. Andere fragen, was sie davon haben", berichtet Hotelchefin Andrea Weber. "Bei einem Teil der Gäste mussten wir die Kosten selbst tragen, da bei der Buchung noch nichts von der Abgabe bekannt war. Inzwischen haben wir die Zimmerpreise erhöht."
Verwechslung mit Kurtaxe


Die Tourist-Information (TI) Trier vermittelt Pauschalangebote, in denen der Kultur-Euro enthalten ist. "Ausdrückliche Beschwerden sind mir nicht bekannt", sagt TI-Leiter Hans-Albert Becker. Womöglich setzten viele Kunden die Abgabe mit einer Kurtaxe in Kurorten gleich.
Laut Statistischem Landesamt übernachteten von Januar bis Mai 2011 knapp 140 000 Gäste in Trier (Betriebe mit mehr als neun Betten). Das sind 5,3 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Übernachtungen stieg um 1,8 Prozent auf knapp 256 000. "Das bestätigt den leichten Aufwärtstrend der vergangenen Jahre", stellt Becker fest.
Die Stadt rechnet mit etwa 600 000 Euro Einnahmen für 2011, abzüglich 30 000 Euro Verwaltungsaufwand im Rathaus. (siehe Extra). Allerdings haben 33 Betriebe Widerspruch gegen den Steuerbescheid der Stadt fürs erste Quartal eingelegt.
Jörg Preimesberger spricht aus, was viele befürchten: "Von der Politik hätte ich gerne eine Antwort, welche zusätzlichen Maßnahmen mit dieser Abgabe finanziert werden oder ob dieses Steuergeld einfach nur in einem großen Loch verschwindet."Meinung

Das kann noch peinlich werden
Die Aussicht auf Geld verdrängt offenbar alle anderen Gedanken bei Verantwortlichen der Stadt Trier. Rat und Verwaltung nehmen es hin, dass die Einnahmen aus der angeblichen Kultur- und Tourismusförderabgabe gar keine Zweckbindung haben dürfen. Doch damit nicht genug: Ohne Rechtssicherheit werden Fakten geschaffen. Die Stadt kassiert schon kräftig ab, obwohl es fundiert begründete Bedenken gegen diese Steuer gibt und die Revision beim Bundesverwaltungsgericht noch läuft. Verliert die Stadt den Rechtsstreit, müsste sie das Geld wieder zurückzahlen (wobei es im Prinzip sogar die einzelnen Gäste bekommen müssten, was sicher nicht praktikabel wäre). Es könnten sogar Schadenersatzforderungen aufkommen, denn die Betriebe haben durch ihre erhöhten Preise einen Wettbewerbsnachteil. m.hormes@volksfreund.deBrigitte Fischer, 43, aus Bad Schussenried (Baden-Württemberg): "Wir sind mit der Familie in Trier. Vom Kultur-Euro haben wir nichts mitbekommen. Generell finde ich eine Abgabe in Höhe eines Euros gerechtfertigt, solange das Geld ins Kulturangebot der Stadt fließt." Lukas Grimm, 25, aus Stuttgart: "Bei uns im Hotel ist diese Abgabe wohl schon mit in die Zimmerpreise einberechnet. So lange das Geld an den richtigen Stellen ankommt, zahlen wir gerne. Denn wegen des großen kulturellen Angebots sind wir ja hier." Ulrike Baumer, 51, aus Köln: "In Köln gibt es eine ähnliche Abgabe. Meiner Meinung nach versuchen die Städte die Kosten, die durch das kulturelle Angebot anfallen, auf die Touristen abzuwälzen. Ob das Geld sinnvoll eingesetzt wird, ist fraglich." Umfrage und Fotos (3): Elmar GracherDer Steuerungsausschuss des Stadtrats beschäftigt sich in seiner Sitzung am heutigen Donnerstag um 17 Uhr im Ratssaal mit aktuellen Zahlen zur Kultur- und Tourismusförderabgabe. Die Verwaltung hat 144 steuerpflichtige Betriebe ermittelt, die pro Quartal die Zahl der Übernachtungen einreichen müssen. Im ersten Halbjahr 2011 gab es nach bisherigen Informationen 316 777 Übernachtungen. Davon abgezogen werden Gäste unter 18 Jahren und Aufenthalte, die über die ersten sieben steuerpflichtigen Übernachtungen hinausgehen. Damit bleiben 275 473 übrig. "Da erfahrungsgemäß die Zahlen für das zweite Halbjahr etwas höher liegen, kann man grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Jahressteueraufkommen von 600 000 Euro erzielt werden kann", heißt es in der Ausschussvorlage. cus

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