Kunst aus China für Trier: Bildhauer Wu Weishan inspiziert künftigen Standort für Karl-Marx-Statue

Trier · Den Standort in der Karl-Marx-Straße hat die Stadt ausgewählt, die Statue von Triers berühmtestem Sohn wird Wu Weishan schaffen. Beim Ortstermin zeigte sich der große chinesische Künstler gut aufgelegt.

 Der chinesische Bildhauer Wu Weishan (Vierter von links) schafft eine Karl-Marx-Statue für Trier. Mit ihm auf dem Bild: Marx-Double Michael Thielen, Baudezernent Andreas Ludwig, Oberbürgermeister Wolfram Leibe, Bildhauer Clas Steinmann und Brigitte Biertz vom Karl-Marx-Viertel-Verein (von links). TV-Foto: Christiane Wolff

Der chinesische Bildhauer Wu Weishan (Vierter von links) schafft eine Karl-Marx-Statue für Trier. Mit ihm auf dem Bild: Marx-Double Michael Thielen, Baudezernent Andreas Ludwig, Oberbürgermeister Wolfram Leibe, Bildhauer Clas Steinmann und Brigitte Biertz vom Karl-Marx-Viertel-Verein (von links). TV-Foto: Christiane Wolff

Foto: (h_st )

Trier. Die Büste, die Wu Weishan von der niederländischen Königin Beatrix geschaffen hat, ist so groß wie das Original vom Scheitel bis zur Schulter und dem royalen Vorbild wie aus dem Gesicht geschnitten. Die Laotse-Skulptur des chinesischen Künstlers, die in der Provinz Jiangsu seines Heimatlandes steht, misst dagegen stolze 16 Meter und gleicht auch ansonsten nicht den üblichen Darstellungen des großen Philosophen.
Irgendwo dazwischen - zwischen Realismus und abstrakter Kunst, zwischen Büste und Monument - wird sich die Karl-Marx-Statue einreihen, die Wu für Trier schaffen wird. Die Skulptur ist ein Geschenk Chinas an Trier zum Marx-Jubiläumsjahr 2018 (der TV berichtete).
Zu Marx hat Wu eine enge Beziehung: "Schon als ich klein war, hat ein Bild von ihm in unserer Wohnung gehangen. Außerhalb von China hat man, glaube ich, keine Vorstellung davon, welche Bedeutung Marx in unserem Land immer noch hat."
Aufgestellt werden soll die Statue auf dem kleinen Platz an der Einmündung der Jüdemer- in die Karl-Marx-Straße, in Sichtweite des Geburtshauses und heutigen Karl-Marx-Museums. Wie genau die Plastik aussehen wird, ist noch offen. "Aber Marx wird definitiv zu erkennen sein, sein langes Haar, der Bart, der Blick mit philosophischer Tiefe", kündigt Wu an, der am Mittwoch zusammen mit Oberbürgermeister Wolfram Leibe, Baudezernent Andreas Ludwig und anderen Vertretern des öffentlichen Lebens den Standort inspiziert hat. "Ich bin sehr froh - wir bekommen keine vorgefertigte Figur, sondern der Künstler lässt sich auf uns und den Standort ein", sagte Oberbürgermeister Leibe. Auch das Geschenk an sich sei eine tolle Sache: "Marx wird damit für viele greifbarer werden, die Stadt steht zu ihm als historische Figur, die in der Karl-Marx-Ausstellung 2018 aus unterschiedlichen Perspektiven durchleuchtet werden wird - mit größter Distanz zum Kommunismus."
Auf rund 1,5 Jahre schätzt Wu seine Arbeitszeit für die Marx-Skulptur. Zunächst schaffte er ein Modell aus Lehm. "Danach entsteht dann das Abbild aus Bronze." Bronze eigne sich nicht nur sehr gut, um Historisches auszudrücken. "Auf Bronze bleiben auch die Fingerabdrücke des Künstlers sichtbar. Und ein chinesisches Sprichwort besagt, dass die Hände der Ausdruck des Herzens sind. Und ich will für Trier etwas von Herzen schaffen", sagte Wu, der zu den bekanntesten Künstlern seines Landes gehört (siehe Extra). "In China werden 1,5 Milliarden Menschen mitbekommen, dass ich eine Karl-Marx-Figur schaffe - zu sehen sein wird sie allerdings erstmals und nur in Trier. Die Stadt sollte sich also schon mal auf jede Menge Besuch aus meiner Heimat einstellen", lacht der 52-Jährige. Überhaupt ist Wu zu Scherzen aufgelegt: Er freut sich über den Trierer Marx-Doppelgänger Michael Thielen, wirft sich in typische Marx-Pose mit in den Mantel gesteckter Hand und schenkt allen, die zum Ortstermin gekommen sind, seine freundliche Aufmerksamkeit. Auch Brigitte Biertz vom Karl-Marx-Viertel-Verein, die auf einem DinA4-Blatt ein paar Vorschläge notiert hat, wie der Verein sich die Statue vorstellt: "Mit Jenny von Westphalen als Liebespaar oder als Familie", heißt es darin zum Beispiel. "Selbstverständlich verlangen wir nicht, dass Wu sich an unsere Vorschläge hält, aber wir sehen die Statue schon auch als Mittel, um unser Viertel zu verschönern und voranzubringen."Extra

Wu Weishan ist 52 Jahre alt, Kunstprofessor und unter anderem Leiter der Kunsthochschule der chinesischen Stadt Nanjing und Direktor des Nationalen Kunstmuseums Chinas. In seiner bis dato 20-jährigen Künstlerkarriere hat Wu rund 500 Statuen historischer Persönlichkeiten geschaffen. Seinen Stil bezeichnet er als "freehand sculpting" - Freihand-Bildhauerei -, bei dem traditionelle chinesische Elemente in moderne, innovative Kunstformen einfließen, zwischen realistischer Darstellung und abstrakter Kunst. woc

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