KUNST Schwebende Frau mit Schlange und Frettchen - wie eine Künstlerin aus der Eifel mit ihren Fotos provoziert

Trier · Ein Gespräch mit der in der Eifel geborenen Künstlerin Thea Weires vor ihrem Foto „Eitelkeit“ – ein Teil ihrer Serie rund um die „Sieben Sünden“, der derzeit in Trier zu sehen ist.

 „Eitelkeit“ (150 x 200 cm) ist ein Foto aus dem sieben-teiligen Zyklus zu den Sieben Sünden der Fotografin Thea Weires.

„Eitelkeit“ (150 x 200 cm) ist ein Foto aus dem sieben-teiligen Zyklus zu den Sieben Sünden der Fotografin Thea Weires.

Foto: Thea Weires

Warum die Sieben Sünden?

THEA WEIRES: Einem Künstler unseres Kulturkreises begegnen die sieben Sünden zwangsläufig früher oder später. Die Kunstgeschichte ist voll davon. Aber die Auseinandersetzung damit ist natürlich auch geprägt von meiner katholischen Erziehung. Ich bin in der Eifel geboren. Außerdem habe ich in Düsseldorf während meiner Arbeit als Fotografin viele Jahre in einer Kirche gelebt und gearbeitet.

Lässt einen die katholische Erziehung nie los?

Thea Weires: Doch, jetzt ja. Die Arbeit an diesem Fotozyklus mit den sieben Sünden war meine Therapie (lacht). Ein gewisses Schuldgefühl, das man als Kind während einer sehr gläubigen Erziehung mitbekommt, hat mich immer begleitet. Als ich dann in der Kirche, in der ich gelebt und gearbeitet habe, von der Treppe gestürzt bin und ins Krankenhaus musste, war ich sehr zornig. Im Krankenhaus habe ich daraufhin ein Bild des „Zornes“ gescribbelt – und plötzlich war die Idee geboren: Zorn, Kirche, Atelier, Sieben Sünden. Das Thema ließ mich nicht mehr los und innerhalb eines Jahres sind alle sieben Bilder des Zyklus‘ in „meinem“ Altarraum entstanden.

   Thea Weires vor Schloss Weilerbach: Nach vielen Jahren in Düsseldorf ist sie wieder in die Eifel gezogen. Foto: Thea Weires  

Thea Weires vor Schloss Weilerbach: Nach vielen Jahren in Düsseldorf ist sie wieder in die Eifel gezogen. Foto: Thea Weires  

Foto: Thea Weires

Kommen wir zu Ihrer Darstellung der Eitelkeit? Ist Sie nur eine Sache der Frauen, die auf Ihrem Foto ins Auge springen?

Thea Weires: Nein. Aber ich habe in meinem Berufsleben sehr viele Frauen fotografiert. Sie leben eine andere Form der Eitelkeit als Männer. Ich bin eine Frau und habe das Thema aus der weiblichen Perspektive gezeigt. Ich meine, wir Frauen kreuzigen uns selbst. Wir quälen uns und lächeln noch dabei, um in Schönheit zu sterben. Schauen Sie sich die Gefäße an, die im oberen Teil des Bildes in den Altarraum hinein hängen. Eine Düsseldorfer Schönheitsklinik hat mir bestätigt, dass genau so abgesaugtes Fett aussieht. Die Frau unter dem Altar liegt Schneewitchen-like mit Bandagen da, zwar sehr schön, aber leblos. Es war mir sehr wichtig, dass die Frau am Kreuz im Erscheinungsbild einer Dita von Teese ähnelt. Es handelt sich übrigens auf dem Foto um eine echte Burlesk-Tänzerin.

Als Attribute der Eitelkeit und der Vergänglichkeit wählen Sie Schmuck und „herabgefallene“ Blütenblätter?

Thea Weires: Ja, weiße Blumen und vor allem Lilien liegen häufig auf Särgen und sind für mich Zeichen der Vergänglichkeit. Ebenso der Kranz, über dem ein toter Fuchs hängt.

Die Schlange, Zeichen der Verführung?

Thea Weires: Die Schlange ist in unserem Kulturkreis das Symbol für den Sündenfall, deshalb ist in jedem meiner Bilder auch eine Schlange zu sehen. Es ist übrigens eine echte Python, die Sie auf dem Bild sehen. Die Schlange und andere Tiere, außer der Frettchen, sind bei einer Filmtierfarm gebucht. In der Darstellung der Eitelkeit habe ich übrigens Wert auf unser Spiegelbild gelegt, das wir Menschen sehr strapazieren – das gilt auch im übertragenen Sinn für die vielen Selfies, die gemacht werden. In dem Spiegel sehen sie indirekt ein Gemälde eines befreundeten Künstlers. Es zeigt einen Bischof als Vertreter der Kirche, die mich geprägt hat. Die Kirche, also ein Bischof, ist in jedem der sieben Bilder vertreten – und er ist nicht immer ein netter Vertreter der Kirche. Es ist der Bischofs des Neids, des Zorns, der Völlerei … oder eben der Eitelkeit.

Was bedeuten die übrigen Tiere im Bild?

Thea Weires: Wir benutzen alles, auch Tiere, um uns zu schmücken und unsere Eitelkeit zu betonen. Das Frettchen, das sie sehen, ist übrigens echt. Einer der Stuntmen, die für die Sicherheit der schwebenden Frau gesorgt haben, hat es mitgebracht. Die Seile, an der die Frau gesichert worden ist, sind wegretuschiert worden. Aber alles, was sie auf dem Foto sehen, war genauso an Ort und Stelle aufgebaut und arrangiert. Es musste für dieses und die anderen Foto alles sitzen, weil es sich nicht um Photoshop-Montagen handelt. Das Frettchen krabbelte wie es wollte durch den Altarraum. Diese kleinen Tierchen sind sehr wild. Es sind sozusagen Suchbilder geworden, in denen immer wieder neue Dinge auffallen. Das ist auch die Resonanz der Betrachter. Der Begriff Wimmelbild ist schon öfter in dieser Trierer Ausstellung gefallen. 

Wie lange haben Sie für dieses Foto gebraucht?

Thea Weires: An jedem der sieben Fotos habe ich sechs Wochen gearbeitet – inklusive der Konzeption und des Zusammentragens der Gegenstände. Das Shooting dauerte zwei Tage. Es war alles schon vor Ort, dann folgte am ersten Tag der Aufbau, am zweiten Tag kamen die Make-up-Artistinnen, die Models und schließlich kam irgendwann nach dem Anruf „Können wir jetzt losfahren?“ das Filmteam mit der Schlange. Das war ein sehr harter Tag.

Aufgezeichnet von Birgit Markwitan

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