Kunst vor der Vernichtung gerettet
Trier · Jupp Zimmer ist mit seinen Werken bis heute in der Trierer Öffentlichkeit präsent. Jetzt haben viele Werke des Künstlers auch einen Platz in privaten Sammlungen. Bei der Versteigerung seines Nachlasses sind am Samstag rund 75 000 Euro erlöst worden.
Trier. Einsam räkelt sich Europa auf dem Stier. Der griechische Göttervater liebt die Tochter des phönizischen Königs Agenor, hat sich aber in das Tier verwandelt, um von seiner Gattin Hera beim Fremdgehen nicht erwischt zu werden. Das Thema hat der Trierer Künstler Jupp Zimmer mit der Plastik aufgegriffen, die im Park neben der Abteikirche Sankt Maximin steht. Eine Skulptur die bis in die Gegenwart mit ihrer Formstrenge und klaren Linie überzeugt. Der Bildhauer hat im offenen Raum aber auch noch an anderen Orten Spuren hinterlassen: Vor der alten Polizeiwache steht der Wächter, und auf dem Petrisberg erinnert eine Stele von ihm an Mutsuko Ayano; die japanische Studentin war 1983 an dieser Stelle von einem Schaustellergehilfen überfallen worden und erlag wenig später ihren Verletzungen.
Elfriede - Muse des Künstlers
20 Jahre war es in Trier ruhig um den im November 1995 verstorbenen Künstler. Doch am Samstag stand sein Werk nochmal im Mittelpunkt einer Auktion in der Europäischen Kunstakademie. Deren Leiterin, Gabriele Lohberg, sowie Bärbel Schulte und Elisabeth Dühr, beide im Direktorium des Stadtmuseums Simeonstift, hatten die Idee, den bis dahin in einer Kölner Spedition eingelagerten Nachlass des Künstlers zu versteigern. Sie entsprachen damit einem Wunsch von Monika Woitke, die vom Amtsgericht Trier als gesetzliche Betreuerin für die 90-jährige Elfriede Zimmer eingesetzt ist.
"Eine professionelle Einlagerung der rund 400 Bilder und Plastiken konnten wir uns nicht länger leisten", sagt Woitke auf TV-Anfrage.
Es drohte die Vernichtung der Werke, weil sich auch keine Galeristen fanden, die sich um den Verkauf des Nachlasses kümmern wollten. Und so trommelte das Versteigerungsteam mehrere Wochen für die Auktion. Mit Erfolg!
Mehr als 350 Besucher sind am Samstag in die Europäische Kunstakademie gekommen; darunter viele Freunde und Weggefährten des Künstlers. Etwa 220 lassen sich registrieren und schauen sich den ausgestellten Querschnitt aus viereinhalb Jahrzehnten künstlerischen Schaffens an. Die ältesten Werke wurden von den Spezialisten auf 1950 datiert, sind aus der Zeit als Jupp gerade seine Ausbildung an der Werkkunstschule in Trier beendet hatte.
Viele der Bilder zeigen Elfriede Zimmer, seine Muse, die der Künstler sein Leben lang liebevoll "Möhrchen" nannte. Gleich das Los Nummer eins - Frau sitzend aus dem Jahr 1965 - , das der Auktionator Thomas Vatheuer aufruft, erzielt mit 1650 Euro den höchsten Preis. Aber auch die folgenden Bilder erzielen vierstellige Preise.
Geduld brauchen die Kunstfreunde, die eine Plastik oder ein Relief des Künstlers ersteigern wollen. Erst nach drei Stunden werden die ersten Skulpturen aufgerufen. Da geht es dann auch Schlag auf Schlag. Bietergefechte werden eher selten; eine Bronzeplastik kommt für 900 Euro unter den Hammer.
Nach fünf Stunden geht das Wiedersehen mit Jupp Zimmer zu Ende. Viele der versteigerten Werke werden in den kommenden Jahren in den Wohnzimmern der Region hängen und stehen - ab jetzt wird eine Werkschau für Kuratoren zur Sysiphus-Arbeit. Woitke ist zufrieden: "Wir haben 75 000 Euro in der Auktion eingenommen. Das übertrifft unsere Erwartungen bei weitem", sagt sie im TV-Gespräch und ist froh, dass dank dieses Erlöses die Betreuung der Witwe im Seniorenhaus Zur Buche in Konz-Roscheid sichergestellt ist.
Auch im Wohnzimmer des TV-Mitarbeiters steht jetzt eine Plastik von Jupp Zimmer. Es ist - natürlich - Europa auf dem Stier, ersteigert für 350 Euro. Die Plastik vor der Abteikirche Sankt Maximin begeistert ihn bis heute, wenn er vor ihr steht. Er freut sich aber auch, dass er jetzt ein Werk sein eigen nennt, dass ein Freimaurerbruder geschaffen hat - aber das ist eine andere Geschichte.