Kunst zum Auffangen

Trier · Die Aktion Papergirl will Kunst an die Öffentlichkeit und auf die Straße bringen. Fahrräder mit Körbchen und Beuteln gesattelt haben junge Männer und Frauen am Sonntag im Sinne amerikanischer Zeitungsjungs in der Trierer Innenstadt Kunst an ahnungslose Passanten verteilt. Die Verteil-Aktion ist der Höhepunkt eines mehrwöchigen Festivalprogramms. Die Reaktionen der Fußgänger fallen überwiegend positiv aus.

 Menschen überraschen und beschenken: Papergirl Trier verteilt Kunst in der Trierer Innenstadt. TV-Foto: Cenk Cigdem

Menschen überraschen und beschenken: Papergirl Trier verteilt Kunst in der Trierer Innenstadt. TV-Foto: Cenk Cigdem

Trier. Eine Fahrradkolonne bahnt sich klingelnd den Weg durch die Leute auf der Brotstraße in Richtung Hauptmarkt. Die jungen Männer und Frauen auf ihren Rädern sind mit Beuteln und Körbchen beladen. Sie schwirren an den Passanten vorbei: "Hier, ein Geschenk" wird gerufen, eine Hand streckt sich aus, und zack - wechselt eine weiße Papierrolle von Hand zu Hand. Rein zufällig sind die Passanten soeben Teil der Kunstaktion Papergirl Trier geworden. Mario Schmidt, Gründer von Papergirl Trier und elf Verteiler haben am Sonntagnachmittag die Fußgänger in der Innenstadt im Sinne amerikanischer Zeitungsjungs mit Kunstrollen beliefert. Verdutzt blickt der beschenkte Passant den Radlern hinterher, dann auf die Papierrolle. Er öffnet die pinkfarbene Banderole, auf der das Prinzip erklärt wird: "Arbeiten von teilnehmenden lokalen Künstlern werden auf verschiedene Stapel sortiert, welche dann gerollt und vom Fahrrad aus verteilt werden." In der Rolle befinden sich fünf Werke. Das können Fotografien, Zeichnungen, Collagen, Skizzen oder Siebdrucke sein. Sie sind bunt oder schwarz-weiß, manche größer, andere kleiner. Ziel von Papergirl ist: Kunst umsonst von irgendwem an irgendwen. Dieses Jahr findet die Aktion seit 2012 zum zweiten Mal statt. Die Verteilung ist der Höhepunkt eines mehrwöchigen Festivalprogramms, bestehend aus Mal-Aktion, Ausstellung und Symposium. Die Künstler wurden über soziale Medien und die Papergirl-Trier-Website dazu aufgerufen, ihre Arbeiten einzuschicken oder persönlich bis zur Ausstellung in der Tufa am 28. und 29. Juni einzureichen. 400 Werken von 40 Künstlern wurden in 101 Rollen gewickelt und von sogenannten Papergirls und Paperboys verteilt. Heinz Mergens aus Kell findet die Aktion "schön und notwendig für die Förderung von Kunst. Aber erst bin ich zurückgeschreckt, weil ich dachte, ich muss was kaufen", sagt er und erklärt damit die ablehnenden Reaktionen. Alle könne Mario nicht fragen, "aber einer meinte, über Kunst müsse man diskutieren, und das wolle er gerade nicht", freut sich Mario über die ehrliche Antwort eines Passanten, bevor er in der Kolonne um die nächste Straßenecke im Sonnenschein verschwindet.Extra

 Fußgänger Heinz Mergens ist begeistert von Papergirl Trier. Foto: Lukas Huneke

Fußgänger Heinz Mergens ist begeistert von Papergirl Trier. Foto: Lukas Huneke

Auf die Idee, Glücksbote und Kunstkurrier im Trierer Raum zu werden, kam Mario Schmidt, Gründer von Papergirl Trier, durch das Ursprungsprojekt in Berlin, das 2006 während der Debatte entstand, ob wildes Plakatieren genauso wie das Graffiti-Sprühen zu bestrafen ist. Seit dem gibt es zahlreiche Schwesterprojekte, die weltweit "Menschen überraschen, Menschen beschenken und Kunst in die Öffentlichkeit" bringen wollen. cig Mehr Informationen unter papergirl-trier.de

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