Kurze Freude über die Lufthoheit

Seit einem halben Jahrtausend prägt der markante Gangolfs-Turm das Bild des Hauptmarkts. Zum Jubiläum ist im Paulinus-Verlag das Buch "500 Jahre Kirchturm St. Gangolf" erschienen.

 Vor 500 Jahren absolute Spitze: Der 1507 um zwei Stockwerke ergänzte Gangolfs-Turm. Seit 1515 ist der ebenfalls aufgestockte Greiffenklau-Turm des Doms höher. TV-Foto: Roland Morgen

Vor 500 Jahren absolute Spitze: Der 1507 um zwei Stockwerke ergänzte Gangolfs-Turm. Seit 1515 ist der ebenfalls aufgestockte Greiffenklau-Turm des Doms höher. TV-Foto: Roland Morgen

Trier. Kein Bildband, keine Kalender- oder Ansichtskarten-Serie "made in Trier" kommt ohne ihn aus: Der Turm von St. Gangolf ist ein wahrhaft "überragendes" Wahrzeichen Triers. Stolze 62 Meter misst der fast höchste Kirchturm im Trierer Land. Vor 500 Jahren war der Gangolfs-Turm absolute Spitze. Wie und weshalb es dazu kam, berichtet das frisch von Hans Wilhelm Ehlen, Domkapitular und Pfarrer von Liebfrauen, herausgegebene Buch "500 Jahre Kirchturm von St. Gangolf in Trier".Das Gotteshaus als solches ist mehr als doppelt so alt. Es entstand wenige Jahre nach der Gründung des Hauptmarkts und Aufstellung des Marktkreuzes (958) an der Südseite des neu geschaffenen Platzes. Geweiht wurde es dem heiligen Gangolf, einem fränkischen Edelmann, der wegen seiner ritterlichen Tugenden schon zu Lebzeiten gerühmt, aber am 11. Mai 763 von seiner Frau und deren Liebhaber ermordet worden war.Die Ur-Gangolfskirche war ein kleiner Bau und wurde im 12. Jahrhundert durch eine größere Anlage ersetzt, die in den folgenden Jahrhunderten weiter wuchs. Ein weiterer Umbau machte zu Beginn des 16. Jahrhunderts schließlich die Erhöhung des Turms des längst zu Bürger- und Zunftkirche avancierten Gotteshauses erforderlich - eine gute Gelegenheit für die nach Unabhängigkeit vom Erzbischof strebende Bürgerschaft, ein deutliches Zeichen zu setzen. Den Anspruch "Wer den höchsten Kirchturm hat, der hat auch das Sagen in der Stadt" untermauerte sie mit kräftiger finanzieller Unterstützung der Bürgermeister-Witwe Adelheid von Besselich. Sie ermöglichte die Aufstockung des Turms um gleich zwei auf sechs Stockwerke. Fertigstellung: 1507. Die Dom-Herren muss das mächtig gewurmt haben. Kurfürst und Erzbischof Richard von Greiffenklau holte zum Gegenschlag aus und gewann die Lufthoheit zurück, indem er um 1515 den Südwestturm der Bischofskirche um ein Geschoss aufstockte und damit Gangolf wieder übertraf.Gangolfs-Türmer meldet Brände

Der Bürgerschaft blieb der praktische Nutzen: Sie quartierte Wachleute ein, die von der Turmgalerie aus die Stadt beobachteten und mit der "Zündel" genannten Feuerglocke ausgebrochene Brände meldeten. Der letzte der "Türmer" zog erst vor 100 Jahren aus.Im Buch zum 500. Turm-Geburtstag geht es um weitaus mehr als nur die Geschehnisse im frühen 16. Jahrhundert. Mit Hilfe eines fachkundigen Autorenteams (unter anderem mit dabei: Anette Köhler, Christine Stolpe, Franz Ronig, Heinz Brubach) gibt Ehlen einen spannenden Einblick in ein bedeutendes Kapitel Stadt- und Kirchengeschichte. Zudem stellen sich die Handwerker-Innungen und Bruderschaften vor, die St. Gangolf als Patronatskirche nutzen. "500 Jahre Kirchturm St. Gangolf , 152 Seiten, zahlreiche Fotos, ist im Paulinus-Verlag erschienen und für 19,90 Euro im Buchhandel erhältlich.

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