Kurzer Protest, lange Wirkung

Im Herbst 1979 haben sich 12 000 Trierer Bürger in kurzer Zeit für die Erhaltung des Weisshauswaldes und des Weisshauses eingesetzt. Schon 100 Jahre zuvor hat ein Bürgerkomitee dafür gesorgt, dass das Gebäude samt Waldstück erhalten blieb.

 Schöner Blick auf Trier: Dieser Obelisk erinnert an die Erfolge der Bürgerinitiativen 1879 und 1979. TV-Foto: Christian Kremer

Schöner Blick auf Trier: Dieser Obelisk erinnert an die Erfolge der Bürgerinitiativen 1879 und 1979. TV-Foto: Christian Kremer

Trier. Ein schöner An- und Ausblick in einem idyllischen Waldstück, verzweigte Wege, die zum Spazieren einladen, sowie ein Ausflugscafé mit Terrasse - das macht das Weisshaus und den umliegenden Weißhauswald aus. Das Naherholungsgebiet verdanken die Trierer nicht der Planung der Verwaltung. Bürgerinitiativen haben in den Jahren 1879 und 1979 der Moselstadt diesen Flecken bewahrt. Damit ist das Gelände auf den Sandsteinfelsen oberhalb von Pallien nicht nur Naherholungsgebiet, sondern auch ein Symbol dafür, dass es sich Engagement lohnt.

1879 gündeten 19 Trierer Bürger die "Actiengesellschaft Weisshaus-Verein", um das Haus nach dem Tod des Besitzers, Prinz Heinrich der Niederlande, vor der Zerstörung zu bewahren. Grundstück und Haus gehörten später dank des Vereins der Stadt.

Erneute Gefahr für das Weisshaus kam in den 1970er Jahren auf. Die Stadt fand keinen Pächter für das Ausflugslokal. Das Haus stand leer. Fenster und Türen waren zerstört, es galt als Schandfleck Triers.

Im Januar 1979 stellte der damalige Trierer OB Carl Ludwig Wagner einen Flächennutzungsplan vor, der den Bau eines Café-Restaurants sowie eines Ferienappartmentkomplexes vorsah. Die Stadt tieb das Projekt voran und stellte im Juli einen Projektentwurf in der Aula des Hindenburg-Gymnasiums aus, der zum Teil viergeschossige Bebauung vorsah. Wenig später verabschiedete auch der Stadtrat den Plan. Doch es kam anders als geplant.

Ein Leserbrief an den Trierischen Volksfreund vom 11. September 1979 deutete heftigeren Widerstand an: "Was nützt mir ein schöner Blick von oben, wenn der von unten zerstört wird?" So nahm das Aufbegehren von unten seinen Lauf. Bürger aus der Stadt im Tal wehrten sich gegen das Projekt auf dem Berg und damit gegen die Stadtverwaltung.

Am Abend des 10. Oktobers waren die beiden Räume der Gaststätte "Krokodil" am Nikolaus-Koch-Platz gedrängt voll. Dort wurde die Bürgerinitiative "Rettet den Weisshauswald" gegründet. Das "Küken" unter den Protagonisten der Bürgerinitiative war der heutige Trierer Oberbürgermeister Klaus Jensen, der 27 Jahre alt und als Sozialplaner tätig war. "Ich habe damals im vierten Stock der Jacobstraße 31 gewohnt - mit Blick auf den Weisshauswald", sagt Jensen. Diesen Ausblick habe er nicht missen wollen. "Unheimlich viele Menschen haben sich emotional angesprochen gefühlt. Das ging durch die ganze Stadt."

Das prominenteste Mitglied des Sprecherteams war jedoch der charismatische Priester und Kirchenkritiker Hermann Münzel. Hinzu kamen Bernhard Gies, Bernd Raußen, Heinz Schilz, Sigrid Theisen und Al-brecht Wien. Die BI konnte innerhalb von 14 Tagen statt der geforderten 4000 mehr als 12 000 Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen die Bebauung sammeln. Anzeigen und Leserbriefe im TV sowie eine große Demonstration am 14. Oktober 1979 am Pranger verschafften ihr Öffentlichkeit.

Das Ende des Liedes: Nicht die Verwaltung trug den Sieg davon, sondern die BI. Die untere Landespflegebehörde äusserte Bedenken, der Regierungspräsident lehnte am 26. Oktober 1979 das Projekt öffentlich ab. Und die BI feierte am 2. November ihren Erfolg mit einem Fackelzug vom Palastgarten bis zum Zurlaubener Ufer. "Die Seilbahn zum Weisshauswald ist den ganzen Abend gelaufen", erinnert sich Jensen.

Abgeschlossen wurde die Geschichte der Bürgerinitiative mit der Eröffnung des neuen Weisshauses im Mai 1984 und mit der Enthüllung des Gedenksteins für das Bürgerengagement von 1879 und 1979, der noch heute auf dem Weisshaus-Gelände zu finden ist. 2009 wird das neu gestaltete Weißhaus 25 Jahre alt. Extra Weisshaus-Historie: Bereits im 17. Jahrhundert stand in dem Waldstück über Pallien das sogenannte "Weisshäuschen" 1820 kaufte es der damalige Trierer OB Wilhelm von Haw (1783 bis 1826) als Teil eines größeren Landgutes. Nach dessen Tod erwarb 1863 der Statthalter des Großherzogtums Luxemburg, Prinz Heinrich der Niederlande, die Ländereien. 1879 übernahm der Weisshaus-Verein "Weißhaus für immer" das Gebäude. In der Folge wurde es an verschiedene Pächter vermietet und als Naherholungsgebiet betrachtet. Nachdem sich 1981 in einer Stadtratssitzung die "Bauherrengemeinschaft Weisshaus" zusammengefunden hatte, wurde der Bestand des Gebäudes gesichert und 1984 um einen neuen Restaurantanbau ergänzt. (cmk)

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