Universität Lammert versus Ackermann: Wortduell an der Uni Trier

Trier · Kontroverse Diskussion um Politik und Religion.

Sie können miteinander. Diesen Beweis haben sie in Europa über viele Jahrhunderte geführt. Aber könnten sie auch ohne einander? Wie sähe die Welt ohne Kirche und Religion aus? Mit dieser hypothetischen Frage eröffnete Moderator Thomas Raab eine kontroverse Diskussion an der Uni Trier.

Über das Spannungsverhältnis zwischen Politik und Religion, so der Titel, redeten und stritten mit dem Ex-Bundestagspräsidenten Norbert Lammert und dem Trierer Bischof Stephan Ackermann zwei exponierte Vertreter beider Institutionen.

Als Thomas Raab nach zwei Stunden die letzte Frage aus dem Publikum zuließ, hatten Lammert und Ackermann ein weites Themenfeld bearbeitet.

Und doch gab es noch viel, was am Abend nicht mehr diskutiert werden konnte. Ein Zeichen dafür, wie intensiv verwoben Politik und Religion in Deutschland und Europa sind, aber auch wie umstritten diese Beziehung ist.

Die kontroverse Note der Diskussion war nicht zuletzt der kritischen Distanz des bekennenden Katholiken Lammert zur Kirche zu verdanken.

Aber wie wäre sie nun, unsere Welt – ohne Religion? „Sie hätte die Religionskriege nicht erlebt“, goss der Politiker provokant Öl ins Diskussionsfeuer, um dann einen nach wie vor starken Einfluss der Religion auf Politik und Staat einzuräumen: „In unserem Grundgesetz lässt sich Religion mit Händen greifen.“

Lammerts Vorlage, dass unsere Welt ohne Religion heute nicht besser aussähe, nahm der Bischof auf zu einem Flankenlauf durch die religiöse Prägung des menschlichen Alltags.

Ackermann erinnerte an die Dominanz von Kirchengebäuden im Stadtbild und an den auf biblischer Tradition fußenden Wochen-Rhythmus. Aus theologischer Deutung sei unser gesellschaftliches Leben bestimmt durch das Bild eines Gottes, der Mensch geworden sei.

In einem Wechselspiel stehen Politik und Religion in ethischen Fragen zu Eingriffen in das Leben, die an diesem Abend weiten Raum einnahmen. „Der medizinische Fortschritt fordert uns permanent derart heraus, dass wir mit ethischen Antworten kaum noch mitkommen. Dies ist ein sehr anspruchsvoller Bereich, mit dem wir als Kirche verantwortlich umgehen“, räumte der Bischof ein.

Lammert stellte sich auf die Seite der in Umfragen ermittelten klaren Bevölkerungsmehrheit, nicht alles zuzulassen, was technisch und medizinisch möglich ist. „Es gibt kaum eine kompliziertere Frage als diese. Ich kann mich an kein Thema erinnern, das im Bundestag vorsichtiger und gründlicher diskutiert wurde als dieses“, so Lammert.

Für Lammert gibt es im Verhältnis von Politik und Kirche aber auch klare Abgrenzungen. So beantwortete er eine Frage aus dem Publikum damit, dass die Zehn Gebote niemals zu einer säkularen Grundlage gemacht werden könnten.

Auch im Hinblick auf kritische Bereiche wie Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche oder das kirchliche Arbeitsrecht sieht er „keinen Grund für eine unterschiedliche Beurteilung von Fällen nach kirchlichen oder staatlichen Kriterien“.

Während Bischof Stephan Ackermann dieser Haltung für den Umgang mit Missbrauch im kirchlichen Umfeld zustimmte, warb er beim Thema Arbeitsrecht um Verständnis für die kirchliche Perspektive. Sie beruft sich hier juristisch auf ihr Selbstverwaltungsrecht und auf ihren Anspruch, dass kirchliche Einrichtungen als solche erkennbar sein und sich von weltlichen abheben müssten.

Insofern müsse die Kirche als Arbeitgeber erwarten dürfen, dass Mitarbeiter diesen Grundauftrag mittragen.

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