Landesmuseums-Grabungen belegen: An der Weberbach wurde schon in der Antike geprotzt

Trier · Spannende Einblicke in die frühe Stadtgeschichte hat die archäologische Grabung an der Weberbach geboten. Dort, wo jetzt Luxuswohnungen entstehen, verbauten die Römer vor 1700 Jahren Marmorsäulen als Fundamentmaterial für eine pompöse Kaiserthermen-Portalanlage. Die wurde allerdings nie vollendet.

Landesmuseums-Grabungen belegen: An der Weberbach wurde schon in der Antike geprotzt
Foto: roland morgen (rm.) ("TV-Upload morgen"

Trier. Vor 2000 Jahren war hier sprichwörtlich "Ende Gelände". Die erste römische Ost-West-Straße führte schnurstracks auf die grüne Wiese. Dort, wo seit dem Mittelalter die Straße Weberbach verläuft, endeten die Wohnbebauung und die Bürgersteige. Das römische Trier steckte noch in den Kinderschuhen, war aber mit Weitsicht konzipiert. Am rechtwinkligen Straßennetz orientierten sich alle Stadterweiterungen; Richtung Petrisberg entstanden Wohnquartiere für betuchtere Bevölkerungsschichten. Dann kam anno 293 Constantius Chlorus, Kaiser des römischen Westreichs, auf die Idee, in Trier residieren zu wollen - und vorbei war's mit dem schönen Wohnen dies- und jenseits der heutigen Weberbach, damals so etwas wie Triers "Upper East Side". Der Imperator reklamierte Eigenbedarf für das Gelände östlich der Weberbach, ließ die Wohnbebauung regelrecht platt machen (früher wurde Bauschutt eingeebnet statt abgefahren) und ein repräsentatives Regierungsviertel aus dem Boden stampfen.
All das spiegelt sich in der Ausbeute der kürzlich zu Ende gegangenen archäologischen Grabungen des Rheinischen Landesmuseums an der Weberbach wider. Aber nicht nur. Im Zuge der 15 Monate dauernden Kampagne entdeckte das Grabungsteam unter Leitung von Joachim Hupe und Bruno Kremer auch Überreste eines gigantischen Bauprojekts, das allerdings nicht vollendet wurde. Zwei massive Fundamentstümpfe aus den ersten Jahren des vierten Jahrhunderts lassen darauf schließen, dass die Kaiserthermen eine vorgelagerte dreitorige Portalanlage erhalten sollten. "Das war bislang völlig unbekannt", resümiert Stadtarchäologe Joachim Hupe (50), der noch eine weitere Überraschung erlebte: Als Füllmaterial für das in den Fundamenten verbaute Gussmauerwerk wurde edelster Marmor von der griechischen Insel Euböa verwendet - in Gestalt von längs gespaltenen Säulenschäften. Die Säulen haben laut Hupe "ziemlich sicher" im Forum (Nähe Viehmarkt) gestanden. Dieses Zentrum des römischen Trier war im späten ersten Jahrhundert zu einer ansehnlichen Drei-Hof-Anlange gewachsen, wurde aber rund 200 Jahre später in konstantinischer Zeit umfassend umgebaut und auf Kaiserstadt hochgepeppt.
Als Constantius Chlorus' Sohn Konstantin sich in seinem zehnten Jahr als Kaiser aus Trier verabschiedete, kam das gewaltige Regierungsviertel-Bauprogramm zum Erliegen. Die Kaiserthermen waren jahrzehntelang eine verlassene Großbaustelle, die Portalanlage kam nicht über das Fundament hinaus, das Gelände wurde ein vergleichsweise schlichter Platz.
Erst ab dem Hochmittelalter wurde an der Weberbach wieder gewohnt. Gerber ließen sich am Stadtrand nieder. Lohegruben und große Becken zur Abwasserentsorgung gehören ebenfalls zum Fundgut des Grabungsteams. Was nun bleibt, ist archäologische Wüste. Im Gegensatz zur Römerzeit wurde nichts eingeebnet, sondern der Bauschutt abgefahren - auf eine Deponie in Thörnich.Extra

 Diese keltische Amulett-Gussform hat das Grabungsteam im Schotter einer vor 2000 Jahre angelegten Straße gefunden.

Diese keltische Amulett-Gussform hat das Grabungsteam im Schotter einer vor 2000 Jahre angelegten Straße gefunden.

Foto: roland morgen (rm.) ("TV-Upload morgen"
 Ab ins Depot: 250 zerkleinerte Schaftstücke aus Marmorsäulen, die in römischen Fundamenten verbaut waren, werden nun wissenschaftlich untersucht. Die Säulen haben ursprünglich im nahe gelegenen Forum gestanden.

Ab ins Depot: 250 zerkleinerte Schaftstücke aus Marmorsäulen, die in römischen Fundamenten verbaut waren, werden nun wissenschaftlich untersucht. Die Säulen haben ursprünglich im nahe gelegenen Forum gestanden.

Foto: roland morgen (rm.) ("TV-Upload morgen"

Die Archäologen sind weg, die Bauarbeiter da: Auf dem Grundstück Weberbach 48 entsteht das "Domizil an den Thermen" (Entwurf: Eckhardt & Hahn, Darmstadt; Ausführungsplanung: Werner Schaack, Trier). Das gut zwölf Millionen Euro schwere Gemeinschaftsprojekt der Stadtwerke Trier (SWT) und der Wohnungsbau und Treuhand AG (gbt) umfasst auf vier Etagen 33 Eigentumswohnungen (55 bis 140 Quadratmeter), vier Ladenflächen (55 bis 135 Quadratmeter) und eine zweigeschossige Tiefgarage mit 57 Stellplätzen. Bezugsfertig sein soll das Luxusdomizil (durchschnittlicher Quadratmeterpreis: rund 3800 Euro) Ende 2017. Laut gbt-Prokurist Wilhelm Keul (64) sind bereits zwei Drittel der Wohnungen verkauft. rm.

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