Gericht Pädophil, alkoholkrank und schuldig

Trier · Ein 49-jähriger Trierer muss ins Gefängnis. Er hat laut Urteil drei Frauen überredet, von ihren minderjährigen Töchtern pornografische Fotos zu machen. Eine mitangeklagte Mutter erhält eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten.

Der große Mann mit den grau melierten und kurz geschnittenen Haaren wirkt seriös. Nur wer es weiß, erkennt in seinen Zügen die Spuren jahrelangen Alkoholmissbrauchs. Am späten Donnerstagvormittag durfte er gemeinsam mit seiner jungen Lebensgefährtin das Gebäude des Landgerichts Trier verlassen.

Doch die vermeintliche Freiheit wird vorbei sein, wenn das Urteil der 1. Großen Jugendkammer unter Vorsitz von Richter Günther Köhler Rechtskraft erlangt. Dann wird der 49-Jährige mehr als drei Jahre im Gefängnis  zur Rechenschaft gezogen. Mit diesem Strafmaß sind einige der Prozessbesucher, es sind auch ehemalige Nachbarn dabei, sichtlich unzufrieden.

Mehrere strafmildernde Aspekte haben zu einem Urteil geführt, das auch nach Ansicht von Richter Köhler nicht den an Stammtischen oft geäußerten Forderungen für Sexualstraftäter entspricht. Wegen des schweren Missbrauchs von Kindern in mehr als zehn Fällen muss der zur Tatzeit in einem bekannten Trierer Lokal beschäftigte Mann für drei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Das eigentliche Strafmaß liegt sogar um drei Monate höher, wird  aber wegen der langen Verfahrensdauer reduziert. Denn die Taten des  Mannes mit pädophilen Neigungen liegen bereits mehr als vier Jahre zurück. Gegenseitige Verweisungsanträge von gleich drei Staatsanwaltschaften (Münster, Dortmund und Trier) sowie Personalmangel bei den Ermittlungen hatten dazu geführt, dass erst im September 2016 Anklage erhoben wurde.

Zudem hat der Mann mit erwiesener sexueller Vorliebe für Mädchen auf der Entwicklungsschwelle zur Frau bereits einige Monate in Untersuchungshaft verbracht, die ihm nun ebenfalls auf die Haftstrafe angerechnet werden.

Am Ende des zweiten Prozesstages – Eröffnung des Verfahrens war am 12. Dezember – sehen die Richter es als erwiesen an, dass der Mann zwischen November 2010 und November 2013 drei Frauen dazu angestiftet hat, von ihren minderjährigen Töchtern kinderpornografische Aufnahmen zu machen und sie ihm zu überlassen. Mindestens eine der Mütter – sie wird in Münster strafrechlich zur Rechenschaft gezogen – hat er zudem dazu gebracht, vor und an dem Kind sexuelle Handlungen vorzunehmen und zu fotografieren. Dieses Mädchen hat sich nach Aussage von Richter Köhler inzwischen von ihrer Mutter losgesagt, lebt in einer Jugendhilfeeinrichtung und wird psychologisch betreut. Bei den beiden anderen Mädchen seien die Fotos gemacht worden, während sie schliefen.

Der Vorwurf gegen den 49-Jährigen, er habe 1500 kinderpornografische Bilder besessen, wurde fallengelassen. Ebenso wurden mehrere Straftaten aus der Anklageschrift nicht mehr verfolgt, da diese nicht nachweislich auf Veranlassung des Mannes geschahen. Der reagierte gefasst auf das Urteil. Neben dem frühen Geständnis aller anderen Taten, der Überwindung der Alkoholsucht und einer guten Sozialprognose wurde ihm zugute gehalten, dass er bislang nicht strafrechtlich aufgefallen ist. „Wenn Sie allerdings noch einmal einschlägig in Erscheinung treten, erfüllen Sie auch die Voraussetzung für eine Sicherungsverwahrung“, warnte Richter Günther Köhler in seiner mündlichen Urteilsbegründung. Dann müsse der Mann mit der vollen Härte des Gesetzes rechnen, die für den sexuellen Missbrauch von Kindern Höchststrafen deutlich über zehn Jahren Haft vorsehen.

Mitangeklagt war eine Mutter aus Trier, die dem Mann vier Bilder von ihrer Tochter per Messenger-Dienst gesendet hatte. Im Gerichtssaal zeigte diese Frau große Reue. „Es gibt keine Rechtfertigung dafür, damit muss ich leben. Das ist das Schlimmste, was einer Mama passieren kann.“ Sechs Monate Haft, die für zwei Jahre auf Bewährung ausgesetzt sind, lautet in ihrem Fall das Urteil. Zudem muss sie 2000 Euro an den Opferschutzverein Weißer Ring zahlen.

Während die Mutter das Urteil akzeptiert, hat der Mann, der nach drei stationären Suchttherapien seit längerer Zeit trocken ist, sich noch nicht entschieden. Er kann innerhalb einer Woche Revision beantragen. Über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens müsste dann der Bundesgerichtshof befinden.

Zum Unmut der Prozessbeobachter war die Öffentlichkeit auf Antrag von Rechtsanwalt Otmar Schaffarczyk von den Plädoyers des Staatsanwalts und der Verteidiger ausgeschlossen worden. Auch das „letzte Wort“ des Angeklagten blieb den Prozessbesuchern verborgen.

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