Interview 2020 als Buch: Trierer Schüler veröffentlicht seinen Debütroman

Interview | Trier · Der Tagebuch-Roman eines Schülers in Zeiten von Corona: Lars Ludes (18) hat unerwartet ein Dokument der Zeitgeschichte verfasst.

Lars Ludes: 2020 als Buch: Trierer Schüler veröffentlicht Debütroman
Foto: Katharina Rings

Als Lars Ludes Anfang 2020 mit dem Schreiben begann, war Corona noch kein großes Thema. In Tagebuchform nimmt er seine Leser mit durch das unerwartet dramatische Jahr – durch die Entwicklung der Pandemie, aber auch durch die Tücken des Alltags eines Jugendlichen. Der TV hat den jungen Autor für ein Interview getroffen.

Wie kamst du dazu, ein Buch zu schreiben?

Lars Ludes: Die Inspiration kam aus dem Deutschunterricht, aus einer Hausaufgabe. Wir haben da gerade „Die Leiden des jungen Werther“ gelesen. Unser Deutschlehrer wollte, dass wir in diesem Stil eine längere Geschichte schreiben. Das Schreiben hat mir dann ziemlich gut getan, also habe ich es einfach weitergeführt.

Über welche Themen schreibst du in deinem Buch?

Lars Ludes: Einerseits über das Jugendleben vor Corona. Und die Probleme: Liebe, Schulstress, den Kampf um das Abi, die Klimakrise.

Aber natürlich schreibe ich auch über diesen einschneidenden Punkt „Corona“. Und den 1. Dezember, die Amokfahrt in Trier. Ich erzähle alles, was 2020 passiert ist – eben zeithistorisch dokumentiert.

Du hast Anfang 2020 mit dem Schreiben begonnen. Das heißt, als du in deinem Buch das erste Mal über Corona schreibst, wusstest du noch gar nicht, welche Ausmaße die Krise annehmen würde?

Lars Ludes: Ja! Ich habe das Buch parallel zu den Geschehnissen verfasst. Wie ein Tagebuch, also aktuell und nicht nachträglich – ohne dass es mein persönliches Tagebuch ist. Die Pandemie hat die Geschichte geformt. Ich habe nur die Kleinigkeiten gemacht, aber der Rahmen war das Jahr 2020 und das hat sich selbst gebildet.

Wie viel vom Protagonisten steckt denn in dir?

Lars Ludes: Klar steckt da etwas von mir drin. Vor allem was die Philosophie angeht, oder die „Lebensüberlegungen“. Vorstellungen davon, was der Sinn des Lebens ist, Liebe und der ganze Kram. Was aber das Leidgeschehen angeht, würde ich sagen dass es eher allgemein die Situation der Jugend widerspiegelt. Oder zumindest für die steht, die es nicht so einfach hatten. Ich habe versucht, das, was ich auch von anderen miterlebt habe, mit einzubeziehen.

Wie hat denn dein Umfeld auf dein Buch reagiert?

Lars Ludes: Das private Umfeld tatsächlich eher positiv, viele waren überrascht. Die etwas blöden Kommentare kamen erst im Internet. Zum Beispiel, dass es im Krieg viel schlimmer war und wir uns nicht so anstellen sollen. Ich will niemanden angreifen. Mir geht es nur darum, was 2020 passiert ist, nicht, was vorher war.

Wie war für dich persönlich die Zeit mit Corona?

Lars Ludes: Ich habe viel Unsicherheit gespürt. Niemand hätte damit gerechnet, mit den Lockdowns, den Hamsterkäufen…Das fand ich erschreckend. Meinen 18. Geburtstag habe ich allein zuhause verbracht. Klar hätte ich mich über Videochat mit meinen Freunden zutrinken können, aber das ist einfach nicht das Wahre. Diese Zeit, die da fehlt, kann man nicht zurückholen. Ich möchte da auch nicht rumheulen, aber so ist es eben.

Dein Cover hast du selbst designt. Wie war das für dich?

Lars Ludes: Das hat Spaß gemacht! Ich habe mich zusammengesetzt mit einem bekannten Künstler von mir, Sebastian Böhm. In seinem Atelier in meiner Schule habe ich die ersten Entwürfe gemacht.Das Bild auf dem Cover stellt den Baum des Lebens dar, der ausgetrocknet wird von der „Corona-Sonne“. Da geht es einerseits um die Klimakrise, um diese Hitze und Dürre, die droht. Aber es stellt auch die Jugend dar, der das Lebenselixier wegtrocknet während Corona. Es vereint viel, was für mich 2020 ausgemacht hat.

Könntest du dir vorstellen, hauptberuflich Autor zu werden?

Lars Ludes: Eher nicht. Ich habe es hauptsächlich gemacht, weil es mir gutgetan hat, weil ich es für richtig gehalten habe. Ich hatte diesen Drang, zu schreiben. Wenn ich den nicht hätte, wäre es nicht das gleiche und ich glaube, dass sich sowas auch nicht verkaufen würde.

Falls sich – und das hoffe ich wirklich nicht – so eine Krisensituation wieder ergeben würde, würde ich vielleicht nochmal den Stift in die Hand nehmen. Also hoffen wir mal, dass ich nicht noch ein Buch schreibe! (lacht)

Leseprobe „Hilf mir! Heute war wieder Präsenzunterricht in der Schule. Ich sitze in der Klasse und fühle nichts. Mein Kopf ist zerstört und meine Gedanken leer. Überfordert von mir selbst? Ich weiß es nicht. Ist es richtig, sowas behaupten zu können? Ich fühle mich schwach, verletzlich und biete jedem Angriffsflächen. Ich sehe Leute, die sich unterhalten, glücklich gemeinsam lachen und reden. Früher habe ich das auch getan, doch was ist heute? Ich kann es nicht. Ich sehe zu und bin leer, es fühlt sich nicht richtig an hinzugehen, und es fühlt sich auch nicht richtig an, sitzen zu bleiben. Ich habe auch ganz und gar kein Thema, worüber ich reden kann. Ich fühle mich wie in Trance.“

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