Leben ohne Grenzen - Das passiert alles im Club Aktiv:

Spielen und chillen Sina kickert. Die 13-Jährige geht regelmäßig und gerne zum offenen Jugendtreff.

Die Tür zu den Räumen des Clubs Aktiv steht offen und gibt den Blick auf den Viehmarkt frei. Doch Jugendliche ohne Behinderung kommen nie. Andersherum: Jugendliche mit einer Behinderung gehen selten in städtische oder dörfliche Jugendtreffs. "Aus diesem Grund haben wir 1999 den offenen Treff ins Leben gerufen", sagt die Initiatorin Klaudia Klaus-Höhl. "Nach dem Gleichheitsprinzip." Dienstags und donnerstags treffen sich dort junge Leute, im Alter zwischen 13 und 20. Sie spielen, kochen unter Anleitung - oder hängen einfach mal nur ab. Überwiegend ehrenamtlich arbeitende Studenten wie Andreas Rodermann, 29, tragen das Angebot. "Ich finde die Selbsthilfeorganisation gut, Jugendarbeit hier macht Spaß", sagt er.
Mehr als Hinbringen und Abholen
"Diese Arbeit", sagt Gerhard Müller, 60, "hat mich verändert." Seit zwei Jahren holt er Menschen mit Behinderung zuhause ab, bringt sie zur Tagesförderstätte in der Pfützenstraße.
Früher hatte Müller einen Tattoo-und Piercing -Laden in Spanien - er war ein "Lebemann". "Zu behinderten Menschen war ich auf Distanz", sagt er. Warum? Kontakt habe sich nicht ergeben. 110 Kilometer wird er an diesem Tag zurücklegen. Auf der Eifelroute hat er Gespräche und Spaß, mit Menschen, die meist durch einen Schlaganfall aus ihrem alten Leben gerissen wurden. "Ich freue mich täglich die Leute wiederzusehen", sagt Müller. So geht es auch seinem Kollegen Alfred Bergheim, 57. Der Fahrdienst war übrigens eine der ersten Dienstleistungen des Club Aktiv - ein Baustein der Integration.
Kleine Schritte bewirken Großes
Gisela Behnke, 62, leitet seit fünf Jahren die Tagesförderstätte. Alle der 24 Besucher, wie sie die Menschen nennt, die täglich dorthinkommen, haben einen schweren Schicksalsschlag erlitten: Schlaganfälle oder Unfälle haben sie von einem Moment zum nächsten aus ihrem alten, gewohnten Leben katapultiert. "Viele Besucher sind einseitig gelähmt", sagt Behnke. Sie lernen etwa mit einer Hand klarzukommen, sich ein Brötchen zu schmieren oder sich alleine einen Kaffee zu holen. Jeder Fortschritt ist ein Schritt in ein selbstbestimmteres Leben. Ziel sei die Integration in den zweiten Arbeitsmarkt - und in die Gesellschaft.

"Sie hinterlassen Spuren"
Wenn die Teilnehmer des Projekts Kunst-Bau-Steine Pinsel und Farben einpacken, dann sind Ämter oder Schulen nicht wiederzuerkennen: Die erst weißen, tristen Amtsflure und -zimmer im Jobcenter etwa, sind nun bunt, mit künstlerischer Note. Und oft ahnt niemand, was und wer dahintersteckt: Es sind Menschen mit psychischer Behinderung, die peu à peu das Stadtbild aufhübschen. "Unter Anleitung und realen Bedingungen werden die Teilnehmer schrittweise an den ersten Arbeitsmarkt herangeführt", erklärt Projektleiter Matthias Spartz. 100 Teilnehmer, begleitet von einem Team aus acht Mitarbeitern, haben in den vergangenen sechs Jahren schon 20 öffentliche Gebäude in den vergangenen sechs Jahren verschönert. Mehr noch: Durch "Kunst-Bau-Steine" entdecken psychisch kranke Menschen Ressourcen und sie sind mittendrin in der Gesellschaft. "Sie hinterlassen Spuren", sagt Spartz.

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