Leben und arbeiten im Stadtteil

TRIER-SÜD. Eine Büropartnerschaft der besonderen Art ist das Team um und mit Hubertus Hillinger. Die Idee für die Gründung des Architekturbüros "9 +" haben einst – der Name verrät es – neun Studienkollegen gefasst, sieben realisierten die Idee und fünf arbeiten dort derzeit zusammen.

Die hohen, offenen Schaufenster des ehemaligen Knopf- und Kurzwarenladens in der Saarstraße laden den Passanten ein, einen Blick in das Büro, die langen Schreibtische und Modelle hinter den Glasscheiben zu werfen. Dies ist nicht störend, sondern durchaus erwünscht, denn die Architektengemeinschaft möchte sich nicht als Fremdkörper im Stadtteil fühlen. "Wichtig ist, dass man da, wo man lebt, auch angekommen ist", sagt Hubertus Hillinger (44), einer der fünf Freunde, die auch gerne aus ihren Büroräumen einen Blick nach draußen riskieren. "Wir haben ja auch nichts zu verbergen", sagt der Familienvater. Mit seiner Frau Susanne (39), ebenfalls Architektin und Büromitglied, und den zwei Söhnen Jakob (10) und Simon (16 Monate) arbeitet Hillinger nicht nur in Trier-Süd, sondern lebt seit 1999 auch dort. "Der Stadtteil hat Lebensqualität, bietet gute Einkaufsmöglichkeiten und ist gut an die Innenstadt angebunden. Aber trotzdem muss etwas für das Wohnumfeld und die Kinder getan werden, damit junge Familien auch hier wohnen bleiben." Dies ist auch der Grund, warum sich Hillinger in seinem Stadtteil engagiert. Sohn Jakob besucht die Matthias-Grundschule und Susanne Hoffmann-Hillinger bringt sich dort im Schulelternbeirat ein. "So lernt man das Potenzial, das die Eltern mitbringen, gut kennen", sagt Hillinger. Es entsprechend zu nutzen und in eine gemeinsame Richtung zu lenken, darauf komme es an. Hillinger macht sich stark für die Pläne für die Umgestaltung des Hofes der Matthias-Grundschule, die bereits dem Ortsbeirat vorgestellt worden sind. "Alle haben sich viel Arbeit gemacht, Arbeitsgruppen wurden gebildet, die Kinder einbezogen." Die Defizite und Wünsche, wie der Pausenhof der Schule attraktiv auch zum Spielen nach dem Unterricht gemacht werden kann, formulierte die Gruppe in einem Vorentwurf. "Zu warten, bis die Stadt etwas macht, das ist es nicht. Man muss die Sache selbst in die Hand nehmen und den Bedarf aus der Elternschaft artikulieren", zeigt sich Hillinger kämpferisch. Unterstützung haben die Stadtteilpolitiker sowie die Nikolaus-Koch-Stiftung zugesichert. "Es ist wichtig, dass ein umfassendes Konzept besteht, das man in einzelnen Bausteinen abarbeiten kann." Etwas von den eigenen guten Erfahrungen weiterzugeben, ist bei Hillinger nicht Plattitüde. Als zweiter Vorsitzender ist er im Verein "Dáhers Weinberg" aktiv, der Arbeit für Frieden und Verständigung in Israel leistet, den "Aufbau eines zukünftigen Staates Palästina" und die Förderung Jugendlicher im Kreis Betlehem verfolgt. "Das funktioniert nur, wenn es gut ausgebildete Leute, Handwerker gibt", sagt Hillinger. So versucht der Verein, Jugendliche auch nach Deutschland in Praktika oder Ausbildung zu vermitteln. Seinen Start hatte der Verein "Dáhers Weinberg" 2002 mit einem Benefizkonzert in der Pfarrkirche Heiligkreuz. Heute zählt er rund 100 Mitglieder. Das Land Israel bereist Hillinger aber auch jenseits von Vereinsinteressen, denn sein Büro hat 1998 einen Auftrag eines Jerusalemer Benediktinerklosters erhalten. "Die Schnittstelle zwischen Orient und westlicher Welt wird dort in allem deutlich. Und wenn man das Land bereist, spürt man die besondere Ausstrahlung, und man kann verstehen, warum dort Religionen entstanden sind", sagt Hillinger. "Außerdem befruchtet es mich, andere Lebenswelten kennen zu lernen."

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