Tourismus Lebendige Moselweinberge: Warum Artenvielfalt anzieht

Nittel/Trittenheim · Zum Auftakt der lebendigen Moselweinberge ist der Nitteler Fels ausgezeichnet worden. Das lockte auch gekrönte Häupter an.

 Das „Insektenhotel“ ist ein Projekt des Kindergartens Nittel. Kinder und Erzieherin Maria Frieden (rechts) zeigen den Weinköniginnen, welche Tiere und Pflanzen sie unterhalb des Nitteler Felsens gefunden haben.

Das „Insektenhotel“ ist ein Projekt des Kindergartens Nittel. Kinder und Erzieherin Maria Frieden (rechts) zeigen den Weinköniginnen, welche Tiere und Pflanzen sie unterhalb des Nitteler Felsens gefunden haben.

Foto: Jürgen Boie

Der Nitteler Fels ist jetzt offiziell ein Leuchtpunkt für biologische Vielfalt in der Kulturlandschaft Weinbau an der Mosel. Zur Eröffnung der Veranstaltungsreihe „Lebendige Moselweinberge“ kamen Besucher und Vertreter der Kommunalpolitik, des Weinbauverbands, des rheinland-pfälzischen Landtags und der Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Weinbauministerium, Andy Becht, nach Nittel.

900 Meter Felswand sind ein faszinierender Anziehungspunkt, wenn man sich dem Weinort Nittel an der Obermosel nähert. Der rekordverdächtige Reichtum an Pflanzen und Tieren in der von Menschenhand geschaffenen Kulturlandschaft zeigt sich aber oft erst auf den zweiten Blick. Um das Augenmerk auf Orchideen, Wildkräuter, Eidechsen oder Wildbienen zu lenken, wurde der Nitteler Fels jetzt offiziell vom Dienstleistungszentrum ländlicher Raum (DLR) als Leuchtpunkt der Artenvielfalt ausgezeichnet.

Zu diesem Anlass gab es, auch als Startschuss für die Veranstaltungsreihe „Lebendige Moselweinberge“, einen Festakt in den Nitteler Weinbergen unterhalb des imposanten Felsens. Hubert Friedrich, Leiter des DLR Mosel, erläuterte, dass die Weinkulturlandschaft ein unschätzbares Gut sei, das eine hohe Anziehungskraft ausübt: „Besucher, die diese Kulturlandschaft erleben und die Produkte kennenlernen, die von den Winzern hergestellt werden, können dank der Initiative „Lebendige Moselweinberge“ mehr über diese eindrucksvolle Landschaft erfahren. Dazu gibt es die Naturerlebnisbegleiter des DLR“, erläuterte Friedrich.

Das DLR hat rund 150 Naturerlebnisbegleiter ausgebildet, die an der Mosel zwischen Koblenz und Perl zur Verfügung stehen, um Wanderungen, Exkursionen und Informationsveranstaltungen anzubieten. Das Besondere: Die Naturerlebnisbegleiter entwickeln die Programme für ihre Kunden selbst. Sie kennen die örtlichen Gegebenheiten und wissen um die verborgenen Schätze in der Natur.

Marlene Bollig aus Trittenheim ist eine dieser Naturerlebnisbegleiter. Sie führt aber keine Entdeckungstouren rund um den Trittenheimer Fährfelsen durch. Der Fährfels wurde im vergangenen Jahr als Leuchtpunkt der Artenvielfalt ausgezeichnet. Bollig weiß, wo zwischen den teils 100 Jahr alten Rebstöcken Eidechsen in den Trockenmauern wohnen, welche Pflanzen in den Felsspalten wann blühen, und wie durch die geologischen Besonderheiten und die Ausrichtung des Fährfelsens die Weinlage Trittenheimer Apotheke den Ruf gewonnen hat, besondere Weinqualitäten zu ermöglichen.

In Nittel hat Marlene Bollig den Kindergarten beraten. Die Kindertagesstätte hat anlässlich der Auszeichnung des Nitteler Felsens ein Naturkundeprojekt gestartet, bei denen die Kinder die Flora und Fauna untersucht und ihre Ergebnisse mit Fotos dokumentiert haben. Diese wurden an einem „Lebensturm“ angeheftet. Der ist eine Art „Insektenhotel“, das dank einer DLR-Bauanleitung fachkundig von den „Jung­rentnern Nittel“ gebaut wurde. Beispiele wie dieses zeigen, wie die Initiative Lebendige Moselweinberge mit ihren Leuchtpunkten in das tägliche Leben hineinwirkt.

In Trittenheim sind Marlene Bolligs Führungen fest etabliert. Das mag daran liegen, dass die Naturerlebnisbegleiterin sich nicht zu schade ist, für ihre Gäste – manchmal sogar zweimal am Tag – Wein und Traubensaft mitzuschleppen, wenn sie und ihre Gruppen Treppen mit 130 Stufen erklimmen, um dann eine atemraubende Aussicht vom Fährfelsplateau mit einem Glas Riesling aus der „Trittenheimer Apotheke“ zu genießen.

An der Obermosel sind drei Naturerlebnisführer im Einsatz. Johannes Orzechowski hat Heimvorteil, wenn es um den Nitteler Fels geht. Er hofft auf die Nachhaltigkeit der Auszeichnung als Leuchtpunkt der Artenvielfalt. Bilanz wird er in einigen Monaten ziehen. Die Bilanz des DLR und ihrer Unterstützer in der Politik fällt schon jetzt positiv aus. Staatssekretär Becht sieht, dass der ländliche Raum von Initiativen wie den Lebendigen Moselweinbergen dauerhaft profitiert. DLR Mosel-Chef Friedrich ist sich sicher, dass der Erhalt der Kulturlandschaft das Entscheidende ist, wenn es um die Zukunft des Weinbaus und des Tourismus an der Mosel geht.

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