Lebensmittelkontrollen: Trierer Wirte führen saubere Küchen

Trier · Trier hat drei Lebensmittelkontrolleure. 1080 Mal haben sie im Jahr 2010 Betriebe kontrolliert, die Lebensmittel herstellen, verarbeiten und anbieten. In 124 Fällen haben sie Mängel gefunden und zwei Küchen vorübergehend geschlossen. Jeder kann die Ergebnisse der Prüfungen anfordern - aber niemand tut es.

 Lebensmittelkontrolleur Alois Reichert übergibt im Untersuchungsamt in der Maximineracht eine Probe an Lebensmittelchemikerin Nicole Höhn. TV-Foto: Friedemann Vetter

Lebensmittelkontrolleur Alois Reichert übergibt im Untersuchungsamt in der Maximineracht eine Probe an Lebensmittelchemikerin Nicole Höhn. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. "Die immer perfekt saubere und zu 100 Prozent blitzblanke Küche gibt es nicht", sagt ein Trierer Gastronom. Er ist seit mehr als 15 Jahren im Geschäft. Deshalb seien Beanstandungen eines Lebensmittelkontrolleurs "nicht sofort als Bankrotterklärung der Küche" zu werten. Der Wirt bittet darum, seinen Namen nicht zu nennen.

Küchen, Kantinen, Eisdielen, Cafés, Bäckereien und Konditoreien, Imbissbuden, Restaurants: In 124 von 1080 Überprüfungen des Jahres 2010 fanden die Trierer Kontrolleure Mängel. Grundlage der Überprüfungen sind die lebensmittelrechtlichen Vorschriften, der Gesetzgeber hat mehr als 700 Normen und Verordnungen erlassen. "Unsere Kontrolleure konzentrieren sich vor allem auf die Hygiene", sagt Ralf Frühauf vom Trierer Presseamt.

Schimmel, Fliegen, keine Seife auf dem WC



"Geringe Mängel sind tolerierbar, es sei denn, der Wirt oder Koch ist ein Wiederholungstäter", betont Frühauf. Solche geringen Mängel prägen die 124 Verstöße. Manchmal waren es leichte Verschmutzungen, manchmal Ungenauigkeiten in der Preis- oder Thekenauszeichnung. Eine Verwarnung vor Ort ist die Folge.

"Die Grenze ist überschritten, wenn ein Lebensmittel geeignet ist, die Gesundheit zu schädigen", betont Frühauf. Fälle dieser Art seien absolute Ausnahmen in Trier. Von 1080 Kontrollen führten 2010 nur zwei zu vorübergehenden Schließungen wegen "extremer Hygienemängel": Schimmel, Fliegenbefall, keine Seife auf dem WC des Personals, zu warme Kühlschränke, Ungeziefer in der Küche. In solchen Fällen drohen Bußgeld- oder Strafverfahren und die vorübergehende Schließung mit strengen Nachkontrollen.

Informationsgesetz gilt seit 2008



Was offenbar kaum jemand weiß: Die Ergebnisse solcher Prüfungen und ihre möglicherweise aus Sicht der betroffenen Küche vernichtenden Ergebnisse sind keine Betriebsgeheimnisse. Das seit 2008 geltende Verbraucherinformationsgesetz gibt dem Gast das Recht, sich über die Lebensmittelkontrollen, verhängte Sanktionen und bestrafte Betriebe zu informieren.

Das Recht der Verbraucher auf die gesundheitliche Unbedenklichkeit der ihm angebotenen Speisen und Lebensmittel tritt dabei hinter die wirtschaftlichen Interessen des Betriebes zurück - so steht es im Gesetz. Aber: "Wir hatten bis heute noch keine einzige Anfrage in diesem Bereich", sagt Ralf Frühauf.

Das könnte daran liegen, dass sich die Länder bisher noch nicht auf eine einheitliche Umsetzung des Verbraucherinformationsgesetzes geeinigt haben. In Berlin ist keine Anfrage nötig, die Hauptstadt veröffentlicht die Ergebnisse aus eigenem Antrieb im Internet. Dort steht zum Beispiel: "Grillhähnchen Kampmann, Reisegewerbe, Pankower Wochenmarkt: mangelnde Grundhygiene, unzureichende Lagerung von rohem Geflügelfleisch." Betriebe, die alle Prüfungskriterien erfüllen, erhalten den amtlichen "Alles sauber, also rein"-Aufkleber.

In Trier ist eine solche Anfrage dagegen eine komplizierte, langwierige und keinesfalls kostenlose Geschichte. "Die Anfrage muss schriftlich gestellt werden, und es muss einen hinreichenden Anfangsverdacht geben", erklärt Ralf Frühauf. Frühere Verstöße oder aktuell vorliegende Beschwerden wären ein solcher Verdacht. Die Bearbeitungsfrist der Anfrage liegt bei einem Monat. Der Sachbearbeiter schreibt die Zeit auf, die er zum Zusammentragen der Daten braucht, und der Antragsteller muss zahlen.

Zwar dachte auch Trier schon über eine Internet-Liste nach Berliner Vorbild nach. "Aber die Führung und ständige Aktualisierung würde die personellen Kapazitäten der amtlichen Lebensmittelüberwachung übersteigen", sagt Ralf Frühauf. ExtraDie Lebensmittelüberwachung Trier gehört zum Ordnungsamt und ist zuständig für mehr als 900 Betriebe, vom Edelrestaurant bis zum Essen auf Rädern. Die drei Kontrolleure überprüfen die Lagerung sowie den Frischegrad der Lebensmittel. Sie ziehen Proben in den Gewerbebetrieben und lassen sie in den Untersuchungsämtern begutachten. Einen hohen Stellenwert hat die Überprüfung der korrekten Preisangabe und einer ordnungsgemäßen Thekenauszeichnung. Generell fällt die Lebensmittelüberwachung unter die Regie der Länder. Noch offen ist die Frage, ob und wann die nach dem Dioxin-Skandal geforderte personelle Verstärkung der Lebensmittelkontrolleure umgesetzt wird. (jp)

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