Lebenszeichen vom mausetoten Krokodil

Trier · Niemand weiß, wo das Krokodil aus der gleichnamigen Gaststätte abgeblieben ist. Hat es überhaupt je existiert? "Ja, sicher!", sagt Herbert Kohr und legt als Beweis Fotos vor: Sein Vater, 1956 Karnevalsprinz Hans der Eiskalte, hatte das ausgestopfte Kneipen-Kroko eigenhändig zu einem spektakulären Außeneinsatz entführt.

Trier. Die vier Männer müssen viel Spaß gehabt haben. Sehr viel Spaß. Wer auf die Idee kam, ist nicht überliefert. Fest steht: Der Anblick des ausgestopften Krokodils, das über dem Tresen der gleichnamigen Kneipe am Justizplatz (heute Nikolaus-Koch-Platz) hing, muss das Quartett ungemein inspiriert haben. Also haben eines schönen Februartages anno 1956 Walter Mayer (Präsident der KG Heuschreck), Hans Mock (Karnevalsprinz der Vorsession), Milo Edinger und Hans Kohr (amtierender Prinz) das Kneipen-Kroko abgehängt und es sich mal kurz "ausgeliehen".
Gemeinsam mit ein paar Presseleuten ging es dann ans Moselufer zwischen Pallien und Biewer, wo sich das in Tropenklamotten gewandete Karnevalisten-Quartett vor klickenden Kameras einen spektakulären Schaukampf mit der angeblichen Bestie lieferte. Das Ende der Mär: Das Kroko, in dessen Schnauze nun ein Pfeil steckte, wurde für erlegt erklärt.
Der Trierische Volksfreund und die Trierische Landeszeitung berichteten in großer Aufmachung von der närrischen Heldentat. Nicht auszudenken, wenn das Krokodil obsiegt und anschließend in Godzilla-Manier Trier platt gemacht hätte. Besonders Hans Kohr fand lobende Erwähnung. Passend zu seinem Prinzen-Beinamen "der Eiskalte aus dem Haus der Kälte" (Anspielung auf seine Kühlanlagen-Firma in der Karl-Marx-Straße) posierte der Narrenregent in kurzen Hosen auf den Eisschollen am Moselufer. Eine wahrhaft eiskalte Aktion.
Herbert Kohr (67), mittlerer der drei Söhne des 1977 im Alter von 78 Jahren verstorbenen "eiskalten Hans", hat die alten Zeitungsartikel und eine Reihe Fotos im karnevalistischen Nachlass seines Vaters gefunden und dem TV zur Verfügung gestellt: "Damit die Leser sehen können, dass es ein ausgestopftes echtes Krokodil war, das einst die gleichnamige Gaststätte schmückte und nicht ein Plüsch-Kroko, wie oft behauptet." 1972 hatte Toni Stoelben als neuer Krokodil-Wirt das Kneipen-Maskottchen, das er als Monstrum bezeichnete, abgehängt. Seither fehlt jede Spur davon.
Nun ist auch noch die Gaststätte Krokodil selbst Geschichte: Nach rund 100 Jahren sind im Traditionslokal im Caspary-Haus an der Ecke Nikolaus-Koch-Platz/Metzelstraße am Mittwochabend die Lichter ausgegangen. Mitte November eröffnet dort ein Irish Pub.

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