Leiden lindern, leben, lachen

TRIER-SÜD. Sie ist Fachärztin für Anästhesie, doch ihre letzte Narkose liegt bereits 12 Jahre zurück. Seit 1994 kümmert sich Renate Langenbach um Patienten auf der Palliativstation des Mutterhauses II (ehemaliges Herz-Jesu-Krankenhaus) und steht dem Krankenhausteam dort seit zwei Jahren als Oberärztin vor. Ihre persönliche "Insel" neben der anspruchsvollen Arbeit ist ihre Familie.

Dritter Stock des alten Herz-Jesu-Krankenhauses in der Friedrich-Wilhelm-Straße. "Palliativstation" steht am Eingang der Station, die mit sieben Einzelzimmern wohl zu den überschaubareren Abteilungen der Klinik gehört. Nicht ohne Grund. Die Ärzte und Pflegekräfte kümmern sich hier um todkranke Menschen in der letzten Phase ihres Lebens, versuchen ihre Schmerzen zu lindern und ihnen noch ein Stück Lebensqualität trotz ihrer unheilbaren Krankheit zu geben. Es ist still, bis die Tür des Krankenzimmers neben dem extra eingerichteten Wohnzimmer der Station aufgeht und man die Oberärztin scherzen und lachen hört. "Wir kümmern uns um die Schmerzen der Menschen mit unheilbaren Krankheiten. Das sind vor allem Krebspatienten, aber auch Alte und Demente. Der Tod ist hier immer ein Thema, aber auf unserer Station wird auch viel gelacht" so Renate Langenbach. Die 50-Jährige ist seit zwei Jahren Oberärztin der Palliativstation im Trierer Herz-Jesu-Krankenhaus, die als Erste von Krankenkassen finanziert wurde. "Davor wurden diese Stationen meistens von Stiftungen gegründet und getragen. Palliativmedizin ist ja ein relativ neues Fachgebiet, das in einigen Bereichen der Forschung noch in den Kinderschuhen steckt." 50 Prozent der Menschen gehen wieder nach Hause, nachdem sie mit Hilfe der Behandlung akute physische oder psychische Krisen überwunden haben, doch 50 Prozent sterben auf der Station. Über zehn Jahre lang war die gebürtige Mertesdorferin, die in Bonn und Erlangen Medizin studiert hat, Anästhesistin im Brüderkrankenhaus. Später im Herz-Jesu-Krankenhaus übernahm sie immer häufiger Dienste auf der damals noch dazu gehörenden Palliativstation. "Ich bin von der Intensivstation mit ihren vielen technischen Geräten durch die Kapelle auf die Palliativstation gelaufen. Das waren zwei Welten und es war schwer, sich richtig auf die Patienten und ihre Angehörigen mit voller Konzentration einzustellen und ihre Bedürfnisse wahr zu nehmen", erzählt die lebenslustige, herzliche Frau über die Anfangszeit als Palliativärztin. Heute möchte sie "nie mehr in die Anästhesie zurück", obwohl die Arbeit manchmal "unglaublich belastend ist", doch sie möchte ihre Patienten "gerne fühlen und nicht mehr nur am Monitor stehen." Ohne ihr Team und die gute Gemeinschaft auf der Station mit Pflegern, Kranken- und Hospizschwestern aber auch Seelsorgern sei das aber nicht möglich. Deshalb bedauert sie einerseits den Umzug der Station Ende des Jahres ins Mutterhaus "wegen der schönen Räumlichkeiten, die wir hier haben, andererseits ist die unmittelbare Nähe zur den anderen entscheidenden Stationen ganz wichtig. Ich freue mich aufs Mutterhaus." Ihre private Insel sind ihr Mann Michael, ebenfalls Mediziner, und ihr Sohn Frederik. Bei ihnen und in der Natur, beim Joggen und Wandern, findet Renate Langenbach Ruhe und Kraft. "Außerdem haben wir einen tollen Freundeskreis, mit dem ich sehr gerne feiere und der ein wunderbarer Ausgleich für mich ist." Im Wechsel mit ihrer Kollegin teilt sie sich die Dienste im Krankenhaus. Den Rest der Zeit verbringt sie auf Fortbildungen und als Mitausbilderin für Pflegekräfte und Ärzte. "Für Pallitativmedizin braucht man ein multiprofessionelles Team, das ein stabiles Netz bildet, um die Bedürftigen ganzheitlich zu versorgen", so die Fachfrau. Und wie geht es ihr selbst mit dem Thema Tod? Die fröhliche Frau wird nachdenklich und sagt: "Je mehr man sich mit dem Thema auseinander setzt, desto bewusster wird einem, dass der Tod zum Leben gehört. Vielmehr macht mir Angst, wie weit ich meine Wünsche noch durchsetzen kann, wenn ich mal krank werde und schwach bin."

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