Ihre Meinung Erinnerung an den Schwimmbux-Orden

Karneval

Zum Bericht „Die Heuschrecken proben den Aufstand“ (TV vom 17. Januar): Triers älteste Karnevalsgesellschaft (KG) Heuschreck hat für die aktuelle Session das politische Motto „HEUropa - Revolution der Narren“ gewählt.

Gemäß dem Prinzip des „Heuschreck“, unpolitisch zu sein, wurden im 19. Jahrhundert keine politischen Vorträge gehalten. Ab etwa 1898 aber beschäftigte man sich in den Vorträgen und in der Gestaltung der Karnevalsorden intensiv mit der Kommunalpolitik in Trier. So gab es für hervorragende Verdienste um die heuschreckliche Sache neben den gleichbleibenden silbernen und goldenen Heuschreckorden zu jeder Session noch einen allerhöchsten Orden, dessen Prägung immer ein bemerkenswertes Ereignis des vergangenen Jahres zugrunde lag. So nahm ein „Petroleum-Orden“ Bezug auf die Weinmarke, „Petroleum“ genannt, die der Oberbürgermeister de Nys bei „Kufs“ (Weinlokal, Neustraße 2) zu trinken pflegte. Als gar ein Zeitungsartikel (um 1905/1906) darüber entstand, ob die beiden Schwimmanstalten für Damen und Herren links der Mosel unterhalb der Römerbrücke „bedeckt“ oder „unbedeckt“ sein sollten, erfand der „Kleine Rat“ der Karnevalsgesellschaft Heuschreck den „Schwimmbux-Orden“, „bedeckt oder unbedeckt“, den man je nach persönlicher Einstellung, „so oder so“ tragen konnte. Ein famoser Witz, der viel belacht wurde. Zum Hintergrund: Die seit Mitte des 19. Jahrhunderts existierende und vom Militär genutzte Schwimmanstalt an der Römerbrücke (links der Mosel) ging Ende des 19. Jahrhunderts in den Besitz der Familie Schadow über. Als Schadow 1901 neben dem Herrenbad eine Badeanstalt für Damen einrichtete, gab es Ärger bei den Einwohnern. Man nahm Anstoß daran, dass man von der Römerbrücke aus einen Einblick in die Damenschwimmanstalt hatte und den Damen beim Entkleiden und Anziehen zuschauen konnte. 1906 verlange der Regierungspräsident eine Abschirmung nach der Landseite. Schadow löste das Problem, indem er für Männer und Frauen Umkleidekabinen einrichtete, die jeden Einblick unmöglich machten.

Manfred Wilhelmi, Trier

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