Letzter Ausweg Privatstraße

Die Stadtverwaltung Trier doktert seit Jahren an einer Umgehungsstraße für Kürenz herum, deren Verlängerung auch die Metternichstraße an die Autobahn anbinden könnte. Ein Trie rer Unternehmer hat das Warten satt: Er will per Privatstraße sein Firmengelände erschließen.

 Helmut Ehm mit dem Plan für seine Privatstraße. Von der Metternichstraße soll diese in scharfer Kurve und durch eine Unterführung auf sein Firmengelände führen. TV-Foto: Friedemann Vetter

Helmut Ehm mit dem Plan für seine Privatstraße. Von der Metternichstraße soll diese in scharfer Kurve und durch eine Unterführung auf sein Firmengelände führen. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Seit die Zementbrücke zwischen Kürenz und Trier-Nord wegen Baufälligkeit gesperrt ist, ist das Gewerbegelände von Helmut Ehm so gut wie unerreichbar. "Von der Autobahn erreichen LKW nur über einen Riesenumweg über Tarforst, Kürenz und den Grüneberg mein Areal", schimpft er.

Rund 40 000 Quadratmeter groß ist sein Gelände, gelegen zwischen Metternich- und Riverisstraße. Den laufenden Betrieb seiner Firma hat Ehm 2006 verkauft, 2009 hat der neue Besitzer die Produktion von Kartonagen, Verpackungen und Papier nach Föhren verlegt. "Auch, weil das Gelände hier so schlecht zu erreichen ist. Und genau deswegen finde ich auch keine Käufer oder neuen Mieter", sagt Ehm. Seit mehr als einem Jahr stehen die Hallen schon leer.

Tausende Euro Steuern für brachliegendes Gelände



Rund 35 000 Euro Grundsteuer muss der Trierer dennoch jährlich an die Stadt zahlen. Und noch mal 12 000 Euro für die Entsorgung des Oberflächenwassers. "Aber trotzdem vermisse ich jegliche Unterstützung seitens der Verwaltung zur Lösung meiner Misere."

Vor etwa vier Wochen hatte Ehm daher Wirtschaftsdezernent Thomas Egger und Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani zum Vor-Ort-Termin eingeladen.

Egger hat das gleiche Problem wie Ehm: "Ich könnte mir gut vorstellen, dass auch die benachbarten städtischen Flächen als Gewerbegebiet ausgewiesen werden - wenn es denn eine Erschließung gäbe." Auch der neue Flächennutzungsplan, der derzeit von der Verwaltung aufgestellt wird und festlegt, welche Gebiete künftig wie genutzt werden könnten, sieht für das gesamte Gebiet Gewerbeflächen vor.

"Die Stadt trifft keine Schuld"



Aber nicht nur wegen des Erschließungsproblems wird das nicht ohne weiteres möglich sein. Denn gegenüber dem Ehm-Areal liegt die Riveris-Wohnsiedlung, in der noch rund 50 Menschen leben. Die acht Blöcke sollten eigentlich schon Ende der 1990er-Jahre abgerissen werden. Doch die Stadt konnte sich mit dem Sinti-Familienverband nicht über eine Umsiedlung einigen (TV vom 27. Juli).

"Was mit der Siedlung passiert, steht noch nicht fest", erklärt die zuständige Sozialdezernentin Angelika Birk auf TV-Anfrage. Zurzeit werde an einem Konzept zur Zukunft des gesamten Bestands städtischer Wohnungen gearbeitet. In den Entwicklungsplan sei auch die Riveris-Siedlung mit einbezogen, Ergebnisse lägen allerdings noch nicht vor.

Doch auch wenn das Wohngebiet erhalten bliebe: Auch dieses müsste dann vernünftig erschlossen werden.

"Die Umgehung Kürenz ist zwar noch auf unserer Agenda - aber eine ordentliche Anbindung zur Metternichstraße und zur Autobahn ist meiner Ansicht nach nur per Überführung über die Bahngleise möglich", sagt Baudezernentin Kaes-Torchiani. "Und die Millionen dafür werden wir in den nächsten Jahren nicht haben."

Die Stadt treffe allerdings trotz Brückensperrung keine Schuld an Ehms misslicher Lage. "Dass die Zementbrücke marode ist, war seit Jahren bekannt. Außerdem wusste Herr Ehm, als er auf dem Gelände expandierte, dass die Erschließung schwierig ist."

Einer Privatstraße stehe allerdings nichts im Wege. "Sofern die Baupläne den Vorschriften entsprechen", sagt Kaes-Torchiani. "Und wir werden Herrn Ehm auch beraten - viel mehr Hilfe ist allerdings leider nicht möglich."

4000 Euro hat Ehm bereits für eine Machbarkeitsstudie ausgegeben. Seine Straße soll von der Metternichstraße in einer relativ scharfen Kurve abbiegen und durch eine bestehende Unterführung unter den Gleisen hindurch auf sein Gelände führen (siehe Grafik). "Für den Bau der Straße rechne ich mit 600 000 Euro, dazu kämen weitere 50 000 Euro Planungskosten", kalkuliert Ehm. Schon im nächsten Jahr könnte der Bau beginnen.

Einen Strich durch die Rechnung machen könnte ihm allerdings die Bahn. Denn selbst wenn diese ihre Unterführung freigäbe, lastet das Unternehmen in solchen Fällen generell dem neue Nutzer die Kosten für den Unterhalt der meist alten Bauwerke an. Und der könnte im Falle einer notwendigen Sanierung des Brückenbaus in die Millionen gehen.

Meinung

Fast vier Jahrzehnte gewartet

Schlecht angeschlossen und umgeben von Wohnhäusern: Ein idealer Firmen-Standort sieht anders aus als das Gebiet zwischen Metternich- und Riverisstraße. Und das sollte Unternehmer Ehm bewusst gewesen sein, als er das Gelände Anfang der 1970er-Jahre kaufte. Damit, dass das Areal fast 40 Jahre später noch nicht vernünftig angebunden ist, musste er allerdings nicht rechnen. Baut Ehm tatsächlich seine Privatstraße, sollte die Stadt ihm zur Seite stehen - besonders bei den wohl schwierigen Verhandlungen mit der Bahn. Viel mehr hätten Unternehmer und Verwaltung von einer echten Zusammenarbeit gehabt: Hätte die Stadt den Grüneberg-Durchbruch vorangetrieben, hätte Ehm sich daran gewiss finanziell beteiligt. Ist die Privatstraße gebaut, wird er zu solchen Anliegerkosten eher nicht mehr herangezogen werden können. c.wolff@volksfreund.de

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