Licht durch Glauben

Bereits mit zehn Jahren wusste Peter Krämer, welchen Beruf er einmal ausüben möchte: den des Priesters. Heute ist der 65-Jährige nicht nur in der Seelsorge tätig, sondern auch Kirchenrechtsprofessor an der Theologischen Fakultät Trier - Tätigkeiten, für die seine Blindheit kein Hindernis ist.

 Peter Krämer hört sich Literatur über ein Computerprogramm an, das ihm eingescannte Seiten vorliest. Derzeit liest der Kirchenrechtsprofessor das neue Buch des Papstes. TV-Foto: Kerstin Smirr

Peter Krämer hört sich Literatur über ein Computerprogramm an, das ihm eingescannte Seiten vorliest. Derzeit liest der Kirchenrechtsprofessor das neue Buch des Papstes. TV-Foto: Kerstin Smirr

Trier. "Mein Computer heißt Dagmar", sagt Peter Krämer. "Genau wie Dagmar Berghoff, die Ansagerin im Fernsehen." Die hat dem Computer ihre Stimme verliehen und liest ihm den Text aus dem neuen Buch des Papstes vor, das zuvor ein Scanner eingelesen hat. Peter Krämers Augen haben heute kaum noch Sehkraft, doch steht er mit viel Mut und Kraft im Leben. Die Uhr sagt ihm die Zeit an, die sprechende Waage sein Gewicht. Mit dem Kassettenrekorder nimmt er sich zur wissenschaftlichen Arbeit Notizen auf und diktiert seiner Sekretärin seine wissenschaftlichen Aufsätze und Vorträge.In der Freizeit wandert er sehr gerne, legt Hörbücher in den CD-Spieler ein oder lässt sich Bücher über den Computer vorlesen. Derzeit liest er "Jesus von Nazareth", das neue Werk des Papstes. "Es begeistert mich. Seit Jahren habe ich nichts mehr gelesen, das mich so gefesselt hat", erzählt Peter Krämer.Schon lange beschäftigt er sich mit dem Thema Glaube: "Die Frage nach Gott hat mich bereits als Kind herumgetrieben." Das Ziel war für ihn früh klar: "Schon als zehnjähriger Bub wollte ich Priester werden." Sein Onkel, der im Hunsrück Pfarrer war, sei ihm ein prägendes Vorbild gewesen. Dieser Wunsch habe ihn trotz seiner schlechten Sehkraft, unter der er seit seinen frühen Kindestagen leidet, angespornt.Nach der Priesterweihe wurde Peter Krämer Kaplan in Saarbrücken. "Ich habe dann das Angebot bekommen, mich im Kirchenrecht zu spezialisieren", erzählt er. Zwei Jahre lang studierte er in Rom an der päpstlichen Universität. "Ich war als Kaplan durch die Seelsorge in der Gesellschaft. Nun hinter Büchern zu sitzen, war für mich eine Umstellung." Zumal im Kirchenrecht, denn dies habe er erst schätzen lernen müssen.Einige Jahre verbrachte er anschließend in Trier zur Promotion und zog dann wieder um. So lebte er fünf Jahre lang auf der Rheininsel Nonnenwerth bei Remagen als Hausgeistlicher in einem Kloster. "Das war sehr idyllisch." Er pendelte als Dozent zu Vorlesungen nach Münster und Tübingen. "1980 bekam ich dann einen Ruf an die katholische Universität Eichstätt. Das war meine erste Anstellung als Professor", erzählt er.Heute lebt er wieder in Trier, obwohl er sich das so eigentlich nicht vorgestellt hatte. Als er nach zehn Jahren in Eichstätt einen Ruf nach Trier erhielt, lehnte er erst ab: "Ich dachte, meine Lebensentscheidung getroffen zu haben, in Bayern zu bleiben." In Eichstätt habe er sein Leben nach den Augenproblemen organisiert. Den zweiten Ruf 1997 nahm er dann an. Nun lebt er mit seiner jüngeren Schwester, die für ihn eine besondere Bezugsperson ist, in Trier im Elternhaus. Er ist Professor an der Theologischen Fakultät, wo er Studenten im Kirchenrecht unterrichtet. "Ich habe für meine Vorlesungen keine Notizen, sondern nur mein Wort", sagt er. "Ich behalte mir jedes Mal neun Stichpunkte im Kopf und habe eine klare Gliederung." Außerdem arbeitet er als Diözesanrichter im Generalvikariat des Bischofs. Dort beurteilt er Ehe-Annulierungsverfahren. Er hält heute auch Gottesdienste und verfolgt die Seelsorge, die ihn einst zum Priesterberuf brachte. "Durch die Seelsorge kommt in mein Leben ein innerer Sinn." Die Hoffnungsfreude trotz seiner Augenprobleme, wegen derer er heute so gut wie blind ist, machten anderen Menschen Mut. Er selbst habe durch den Glauben gelernt, mit der Blindheit umzugehen: "Wenn ich nicht mehr sehe, muss ich überlegen, wie ich Licht in mein Leben bringe. Ich habe dieses Licht durch den Glauben gefunden."

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