Liebe zum Raum

TRIER. (mö) Die Berufsbildende Schule in Trier ist sein Werk, die Universitätsbibliothek, eine Wohnanlage in Tarforst und vieles andere. Manches steht sogar schon unter Denkmalschutz. Ulrich Craemer dagegen ist auch an seinem 85. Geburtstag quicklebendig. Und beobachtet die Entwicklung der Stadt-Architektur mit kritischem Interesse.

Harte Kämpfe habe es gegeben, damals, 1954, als er seinen Dienst als Trierer Bistumsarchitekt antrat, sagt Ulrich Craemer heute. Stadt und Bistum seien nicht mit der Zeit gegangen und die konservative Haltung einfach übertrieben gewesen. Und er zeigt im Bild, was er anders gemacht hat: Architektur in der Nachfolge des Dessauer Bauhauses, gerade Linien, gelegentlich sogar Sichtbeton - nüchtern-moderne Architektur, die mehr sein als scheinen will. Funktion statt Repräsentation. Ulrich Craemer repräsentiert die erste Nachkriegsphase dieses Stils. Mittlerweile stehen einige seiner Gebäude schon unter Denkmalschutz. Am Sonntag hat Ulrich Craemer seinen 85. Geburtstag gefeiert. Cramer, geboren am 28. November 1919 in Dahlbruch, Kreis Siegen, gehört zu denen, die Nazizeit und Krieg miterlebten und dann die Nachkriegsordnung mitgestalteten. Nach Studium und Diplom in Darmstadt promovierte er 1952 über ein baugeschichtliches Thema und wurde auf Empfehlung seines Lehrers 1954 Diözesanarchitekt im Bistum Trier. Die Erweiterung der Kirche Lambertsberg, der Bau des Konvikt in Prüm, die Erweiterung des Trierer Konvikts fallen in diese Zeit. Als der Kirchenbau zurückging, schied Craemer aus den Kirchendiensten aus. Seit 1965 ist er freier Architekt, bis zur Auflösung des Büros in den 90er-Jahren. In den Jahren nach 1965 hat er allein oder gemeinsam mit Kollegen Gebäude entworfen, die heute das Trierer Stadtbild prägen. Dazu gehört die Berufsbildende Schule von 1966, die er 1987 erweiterte. Dazu gehören 51 Wohnungen, die 1977 auf der Tarforster Höhe entstanden. Dazu gehört das Behördenzentrum in Daun. Dazu gehören die Universitätsbibliothek und das Europa-Parkhotel am Viehmarkt. Auch außerhalb der Region hat Ulrich Craemer Gebäude geplant. In solchen Bauten manifestiert sich, was Craemer damals wichtig gewesen sein muss: eine gut dimensionierte und sorgfältig geplante Raumwirkung. Ob bei der Planung von Gebäuden oder bei Außenanlagen, Craemer zielte auf die richtigen Proportionen, auf die planvolle Anordnung der Elemente im Raum, zum Beispiel die Position des alten Marktkreuzes auf dem Vorplatz von St. Paulin, das besser zur Geltung kommen sollte. Und so ist, was nüchtern und funktionell erscheint, nie reine Funktionsarchitektur. Authentisches erhalten, aber keine historische Echtheit vorspiegeln - das ist Ulrich Craemers architektonisches Credo. Darum steht er dem Erweiterungsbau des Städtischen Museums kritisch gegenüber. Der solle ja so wirken, als sei er geschichtlich, ohne geschichtlich zu sein. Auch der Umbau im Palais Walderdorff, der Glaskubus auf dem Viehmarkt, das Trierer Theater oder die Position des Kornmarkt-Brunnens entsprechen nicht seinen Vorstellungen.

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