Glaube im Alltag Linde Antwort – hartes Wort
Eine linde Antwort stillt den Zorn; aber ein hartes Wort erregt Grimm.“ (Sprüche 15, 1) In diesen wundervollen, gleichzeitig altertümlichen wie starken Worten aus der Spruchsammlung der Weisheit Israels kommt uns eine klassische Einsicht entgegen, die mir gerade wieder besonders aktuell erscheint.
Die Klage über den Verfall der Debattenkultur, insbesondere in den sogenannten sozialen Medien, ist ja mittlerweile fast Gemeingut. Ich stimme mal mit ein.
Wenn ich mich mal richtig aufregen will, mich beleidigen lassen möchte und auf Krawall gebürstet bin, dann brauche ich einfach nur einen halbwegs kontroversen Kommentar unter einen Facebook-Eintrag mit höherer Reichweite setzen, und schon geht’s los. Da wird beleidigt und gehetzt, provoziert und gestänkert.
Dagegen steht unser Bibelwort: „Eine linde Antwort stillt den Zorn; aber ein hartes Wort erregt Grimm.“
Das klingt so einfach und so logisch. Und doch erleben wir, dass es so oft anders läuft. Ich glaube nur bedingt, dass das ein Phänomen „der heutigen Zeit“ ist, sondern dass viele Menschen immer schon eher im Angriffsmodus unterwegs waren. Heute kriegt das nur jeder mit, weil man alles immer sofort für alle einsehbar kommentieren kann.
Das Wort aus der Weisheit Israels fordert uns auf, Zorn nicht mit Zorn zu begegnen. Stattdessen sollen wir freundlich und zurückhaltend sein. Harte Worte erregen nur den Ärger beim Gegenüber. Das möglicherweise sinnvolle Sachargument kann gar nicht beim anderen ankommen, wenn es mit Anschuldigungen und Beleidigungen garniert wird.
„Eine linde Antwort stillt den Zorn; aber ein hartes Wort erregt Grimm.“ Ich nehme mir vor, so zu handeln – wohl wissend, dass es nicht immer funktioniert. Dabei vertraue ich auf Gottes Gnade, die stärker ist als sein Zorn über meine Fehler und die des anderen. Diese Gnade gilt mir – und meinem Gegenüber.
Pfarrer Matthias Ratz, Trier