Lorscheid bleibt in seinen Grenzen

LORSCHEID. Leider ist es nun an der Zeit, unsere beliebte Serie "Dorfansicht(en)" bis zum Frühjahr zu unterbrechen. Petrus spielte schon nicht mehr recht mit, als der TV zum letzten Mal in diesem Jahr einen Ort besuchte. Nebelschwaden behinderten zeitweise die freie Sicht auf die 640-Einwohner-Gemeinde Lorscheid im vorderen Hochwald.

Trotz der beeinträchtigten Sicht: Unübersehbar ragt der mächtige Turm der Kirche St. Gertrud über das Dorf. Es ist der vereinbarte Treffpunkt, an dem sich schnell zahlreiche Dorfbewohner versammeln. Das hervorragend renovierte Gotteshaus wird zum ersten Thema des Rundgangs. Rund 700 ehrenamtliche Arbeitsstunden hatte die örtliche Rentnergruppe "Plus 60" vor einigen Jahren in das 1804 errichtete Gebäude investiert - nun wirkt es innen und außen wie aus dem Ei gepellt. "Wir haben noch eine eigenständige Pfarrei", betonen die Anwesenden. Doch schon kommt die Einschränkung: "Allerdings ohne eigenen Pfarrer und als Teil der Seelsorgeeinheit mit Farschweiler, Herl und Osburg." Natürlich wird die Gruppe "Plus 60" ganz vorne genannt, wenn der Besucher nach dem örtlichen Vereinsleben fragt. Und das kann sich für ein Dorf dieser Größe sehen lassen. Sportlich geht es im jüngsten Verein zu: Der VfB Lorscheid wurde erst 2005 gegründet und befindet sich noch im Aufbau. Von Tradition behaftet ist hingegen der gemischte Chor - ein Zusammenschluss aus dem ehemaligen Kirchenchor und dem Männergesangverein, der bei kirchlichen Anlässen auch wieder die Rolle des Kirchenchors übernimmt. Außerdem gibt es einen Heimat- und Verkehrsverein, die Reservistenkameradschaft, die Frauengemeinschaft, eine freie Jugendgruppe und natürlich die Feuerwehr. Bei der Frage nach den Gewerbebetrieben müssen die Umstehenden schon nachdenken, um keinen auszulassen: eine Tiefbaufirma, ein Busunternehmen, Garten- und Landschaftsbau, eine Schreinerei, ein Installateur, ein Fuhrunternehmer, ein Sägewerk und ein Stukkateur. Hinzu kommen noch zwei Gastronomiebetriebe und das Alten- und Pflegeheim "Holunderbusch". Letzteres hat für den Ort eine besondere Bedeutung, wie die Leiterin Claudia Jungen nicht ohne Stolz hervorhebt: "Wir beschäftigen 58 Leute. Von denen kommt die Hälfte direkt aus Lorscheid, und auch alle anderen kommen aus der Verbandsgemeinde Ruwer." Das klingt alles gut, doch beim weiteren Rundgang fällt auf, dass auch in diesem Dorf die Infrastruktur für den täglichen Bedarf fehlt. Dazu kann Ortsbürgermeister Karl-Heinz Knobloch mit einer traurigen Streichliste aufwarten: "Bis Ende der 80er-Jahre gab es noch zwei Lebensmittelgeschäfte, eine Post und eine Bank. Alles ist verschwunden." Auch die Busanbindung sei nicht ausreichend und besonders nachmittags sehr dürftig. Hinzu komme ein fehlender DSL-Anschluss. Da schalte die Telekom bisher auf stur. Dem können die anderen nur beipflichten. "Unsere Infrastruktur besteht aus dem Briefkasten da vorne. Und für meine Kontoauszüge kann ich bis Trier fahren", sagt der Lorscheider Günter Reidenbach. Zwar gebe es fast alles bei den mobilen Händlern, die täglich ins Dorf kommen. Aber dann nur zu "stolzen Preisen". Unter diesen Verhältnissen wird der Edeka-Supermarkt im nahen Farschweiler zur rettenden Oase in der Versorgungswüste - sofern man ein Auto hat. Auf die Positivseite gehört die Besiedlungspolitik. Die Lorscheider sind bestrebt, ihren Ort nicht durch Neubaugebiete nach allen Seiten "ausfransen" zu lassen - obwohl genug freie Fläche vorhanden wäre. Ortsbürgermeister Knobloch verweist auf die seit 30 Jahren bestehende Ortsrandsatzung, nach der nur innerhalb einer festgelegten Grenze gebaut werden darf. Aber auch in diesen "Rahmen" bieten sich Möglichkeiten. Lorscheid ist nicht so eng bebaut wie viele andere Dörfer und bietet noch einige freie Flächen. Große Aufmerksamkeit gilt der alten Bausubstanz, wie beim Rundgang zahlreiche renovierte Bauernhäuser zeigen. Einen Glanzpunkt bildet das historische Anwesen von Ingeborg Müller und Sergey Volobuyev, das 2005 mit der Denkmalplakette des Kreises Trier-Saarburg ausgezeichnet wurde (wir berichteten). Stolz auf das moderne Gemeindehaus

Stolz präsentieren die Lorscheider ihr modernes Gemeindehaus mit Saal und Jugendraum. Bekanntlich war der Bau vor einigen Jahren in einem einzigartigen Kraftakt von der Gemeinde errichtet worden. In direkter Nachbarschaft steht die alte Schule, in der sich heute der Kindergarten für Lorscheid, Herl und Farschweiler befindet - mit drei Gruppen und 25 Ganztagsplätzen. Die Lorscheider Grundschulkinder besuchen indessen die Schule in Farschweiler. Ein "Rotes Tuch", das bei Dunkelheit sogar rotes Licht verstrahlt, ist der Mehringer Windpark in der Ferne. Allerdings mag dabei auch der Ärger über eine verweigerte Einnahmequelle mitspielen. Gerne hätten die Lorscheider selbst Windräder auf ihrer Gemarkung gesehen. Doch das verhinderte ein Flächennutzungsplanbeschluss des Verbandsgemeinderats Ruwer. Um so mehr stört nun das nächtliche "Rotlichtviertel" auf dem Mehringer Berg. "Aber in Farschweiler stören die Windräder noch mehr als bei uns", heißt es bei der abschließenden Kaffeerunde im Altenheim.

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