Lust und Liebe an der Theke

TRIER. (mew) Es war eine gut besuchte "Ü-12-Party plus X" (O-Ton Peter Larsen). Die Premiere der Jugendversion von "Bastien & Bastienne" stieß auf rege Begeisterung beim Publikum. Dabei erwies sich das Bespielen eines alternativen Ortes als Glücksgriff. Im "Miss Marple’s" rangen die vier Darsteller miteinander, sowie um Liebe, Lust und Leidenschaft.

Sie schläft mit einem Block neben dem Bett. Da Regisseurin Indira Rautenberg die besten Ideen meist abends vor dem Einschlafen kommen, hat sie sich entsprechend gewappnet, um ihre kreative Ader ausschöpfen zu können. Dass ihr das in ihrer nunmehr dritten Inszenierung gelungen ist, zeigen die vielen Schulterklopfer nach der Premiere des Mozart-Singspiels "Bastien und Bastienne". Da darf der Chef natürlich nicht fehlen. "Ich hab mich schlapp gelacht, sie hat aus allen Schauspielern eine wunderbare Situationskomik herausgeholt. Ich wusste zeitweise gar nicht wo ich hinschauen sollte", freut sich Intendant Gerhard Weber beim Feier(abend)-Bier über die flotte Inszenierung.Männliche Machtspielchen

Tempo trifft auf Komik. Schon in der ersten Szene betreiben Kneipier Colas (Nico Wouterse) und sein Barkeeper (Stefan Gärtner) mit wörtlichem Feuereifer mehr oder weniger männliche Machtspielchen. Ebenso verhält es sich mit dem frisch getrennten Liebespaar: Bastienne stürzt im einheitsgrauen Gemütlich-Outfit von Weinkrämpfen geschüttelt in die Lokalität und gibt sich ganz ihrem Liebeskummer wegen des vermeintlich untreuen Bastien hin. Erst der Männer-Kenner Colas verhilft ihr aus der Lethargie: weniger wegen seiner feurigen Lenden, die er immer wieder an die Frau zu bringen versucht, sondern seine verbalen Ratschläge sind gefragt. Frei nach dem Motto "Willst du gelten, mach dich selten" muss die junge Frau nun emotionale Distanz demonstrieren. Statt dessen verfällt sie einem Putzfimmel, was dem Wirt sichtlich gelegen kommt. Mit zuckersüßem Lächeln drückt er ihr die die pralle Mülltüte in die Hand. Trifft sie auf den heftig um sie werbenden Ex-Geliebten (Fernando Gelaf), wehrt sie ihn mit der Spritzflasche des Haushaltsreinigers ab. Selbst ein Bügeleisen kommt später zum Einsatz. Beachtliches komödiantisches Talent offenbaren Annette Johansson und Nico Wouterse. Sie schwankt zwischen Liebesleid und Freude am Machtspiel mit ihrem Bastien. Er hingegen gibt einen glänzenden Wirt - mit Goldkettchen, halb aufgeknöpftem Hemd und südländisch gegelter Schmalzlocke. Stimmlich liefern beide tadellose Leistungen, was sicherlich nicht nur an dem während der Aufführung verhängten Rauchverbot liegt. Wouterses Glanzauftritt ist seine Zauberinszenierung, die mit Nebelmaschine, zuckenden Discolichtern, Sonnenbrille, Flirtmimik und Cocktailshaker-Jonglage kaum an Coolness zu überbieten ist. Absolutes Kontrastprogramm sind die Auftritte von Bastien. Mit froschgrünem um die Schultern drapiertem Pullover und schick bis zur Schuhsohle wirkt er, als sei er so eben dem Golf-Caddie entstiegen. Fernando Gelaf füllt die Rolle gut, trotz der holprigen Rahmenbedingungen: wegen eines Krankheitsfalls musste das Chormitglied kurzfristig in die Tenor-Rolle schlüpfen.Kuscheln mit dem Publikum

Nach allerlei Wirren - inklusive Kuschel-Minuten mit dem männlichen Publikum - stoppt das rotierende Gefühlskarussell beim Happy End. Die Hochzeit steht in den Startlöchern und der knauserige Kneipier rettet die reichlich ausgegebenen Weinflaschen von den Tischen. "Chääääf? Is jetzt Schluss???", will der sonst stumme Barkeeper von seinem schleimigen Vorgesetzten wissen. "Ja Stefan, jetzt ist Schluss" kommt die Antwort hinter der Theke hervor - Tatort Trier.

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