Märchen und Mythen erzählen Geschichte

Trier · Märchen sind mehr als nur lehrreiche Geschichten für Kinder. Angelika Kiebel verwebt in ihren Stadtführungen griechisch-römische Mythen, christliche Legenden, keltische, jüdische und deutsche Erzählungen mit der Trierer Geschichte und bietet kulturgeschichtliches Hintergrundwissen.

 Märchenstunde im Stadtmuseum: Die Figur Temperantia vom Petrusbrunnen auf dem Marktplatz steht für die Mäßigung. Gästeführerin Angelika Kiebel (Mitte) erzählt dazu die Sage von Daidalos und Ikarus. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Märchenstunde im Stadtmuseum: Die Figur Temperantia vom Petrusbrunnen auf dem Marktplatz steht für die Mäßigung. Gästeführerin Angelika Kiebel (Mitte) erzählt dazu die Sage von Daidalos und Ikarus. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Trier. "Klapper, klapper. Das Töpfchen springt vom Tisch, schlüpft durch die Tür, hüpft auf die Straße." Lebendig und gestenreich erzählt Angelika Kiebel das türkische Märchen von einem armen Mädchen und seinen Wünschen. Die 20 Zuhörer im mittelalterlichen Frankenturm lauschen gespannt.
"Ich habe mich schon immer für Mythen und Erzählungen interessiert", sagt die 50-Jährige. Konzipiert habe sie die Märchen- und Sagenwanderung im Jahr 2007. Seitdem bietet die Gästeführerin und Religionswissenschaftlerin die Führung an, auch im Rahmen der Reihe Trier für Treverer. Diesmal ist sie unterwegs mit der Trier-Gesellschaft - als Dank dafür, dass sie den Abschluss der Tour im renovierten Frankenturm gestalten darf.
Ihren Beginn hat die Märchen- und Sagenwanderung im Brunnenhof mit der griechischen Legende von Simeon, dem Heiligen, der dem Stift an der Porta Nigra seinen Namen gab. Weiter geht es im Trebeta-Saal des Stadtmuseums mit der Sage von Daidalos und Ikarus.
Menschen Ganz nah



"Sie lehrt uns, das rechte Maß zu halten", sagt Kiebel und erklärt die Bedeutung der Figur Temperantia (die Tugend der Mäßigung), deren Kopie den Petrusbrunnen auf dem Marktplatz ziert.
Die Stadt soll 1300 Jahre vor Rom gestanden haben, steht auf einer Inschrift am Roten Haus am Hauptmarkt. Trebeta, Sohn des Assyrerkönigs Ninus, soll Trier vor rund 4000 Jahren gegründet haben. "Eine Auftrags-Sage", klärt Kiebel auf. Die Sage sei von den Mönchen aus St. Eucharius, heute St. Matthias, niedergeschrieben und in den Gesta Treverorum (12. Jahrhundert) veröffentlicht worden. "Die Kölner haben sie geglaubt", sagt sie und schmunzelt. Mit seiner Gründungssage ist Trier in guter Gesellschaft - Kiebel erzählt, wie Romulus und Remus den Grundstein für die Stadt Rom legten. "Ein bisschen Moses, ein bisschen Kain und Abel", meint ein Gast. Christlich ist die Legende von Offerus, dem späteren Heiligen Christophorus, die Kiebel unter dessen Figur am Hotel Christophel erzählt. Nächste Station ist die Welschnonnenkirche in der Flanderstraße. Kiebel erklärt deren Entstehung und den Marienkult. "Der Volksfrömmigkeit fehlte die Muttergottheit", sagt sie. "Die Gläubigen behalfen sich, indem sie die göttliche Seite der Maria anbeteten." Grimms Märchen vom "Muttergottesgläschen" passt hervorragend in diesen Kontext.
Weiter führt Kiebel ihre Gäste am Domstein vorbei in die Judengasse, in der sie mit einer jüdischen Weisheitsgeschichte Rätsel aufgibt, und weiter zum Frankenturm. "Ich stelle mir vor, dass die Menschen hier im Winter wie wir jetzt zusammensaßen und sich Geschichten erzählten", sagt sie inmitten ihrer Zuhörer. "Diese Mauern haben bestimmt schon viel gehört."
Informationen zur Märchen- und Sagenwanderung mit Angelika Kiebel unter Telefon 0651/9955764 und ab kommender Woche unter www.treveris-kulturwege.de
Extra

Neben den üblichen Stadtführungen und Rundfahrten bietet die Tourist-Information Trier (TIT) auch Kostüm- und Erlebnistouren an. So können Gäste Trier aus der Sicht eines römisch-trierischen Patriziers in der Toga oder einen liederlichen Stadtrundgang mit dem Bänkelsänger erleben. Auch drei berühmte Trierer Frauen, die "Dreij Trierer Mädercher" Kaiserin Helena (4. Jh.), Adelheid von Besselich (15./16. Jh.) und Jenny Marx (19. Jh.), geborene von Westphalen, führen Interressierte durch die Innenstadt. Sie erzählen in zeitgemäßen Kostümen auf dem Weg vom Dom zum Kornmarkt über ihr Leben, ihre Familien, ihr Wirken und ihre Zeit. In den Erlebnisführungen geleiten ein Gladiator, ein Tribun, ein Zenturio und der Höllenfürst höchstpersönlich die Gäste durch Amphitheater ("Gladiator Valerius"), Kaiserthermen ("Verrat in den Kaiserthermen"), Porta Nigra ("Das Geheimnis der Porta Nigra") und das mystische Mittelalter ("Der Teufel in Trier"). mehi Informationen: Tourist-Information Trier, An der Porta Nigra, Telefon 0651/97808-0, Telefax 0651/97808-76, E-Mail: fuehrungen@trier-info.de

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