Märchenhaft

TRIER-NORD. Frostig und wie mit einer überdimensionalen Puderzuckerdose überstäubt, präsentierte sich der Nells Park am Wochenende. Dicke Nebelschwaden waberten zwischen den Bäumen. Doch die stillen Riesen hatten über Nacht eine wundersame Verwandlung durchlaufen. Eichen, Trompetenbäume und Zypressen setzten auf dem "Pfad der Bäume" sinnenreiche Akzente.

Die Kaukasische Flügelnuss streckt im Landschaftspark Nells Ländchen ihre Äste aus. Tief müssen ihre Wurzeln in der Erde verankert sein, um die Last der ausladenden Krone zu tragen. Meditative Klänge und ausgelegte Teppiche laden zum Verweilen und zur Besinnung ein. Zahllose Schleifen zieren die Zweige. Jede ist verbunden mit einem Wunsch - ein türkischer Brauch. Als "Baum der Heimat" nimmt die Kaukasische Flügelnuss ihren Platz auf dem "Pfad der Bäume" ein. Gestaltet haben sie die Fachhochschul-Studentin Selâle Serter und Nadine Velten, Praktikantin bei der Ökumenischen Beratungsstelle für Flüchtlinge, in Zusammenarbeit mit Menschen, die aus ihrem Land geflohen sind und sich als Asylbewerber "auf einer Art Zwischenstation" befinden. "Die Suche nach den eigenen Wurzeln und die Sehnsucht nach Heimat", Ankommen, Geborgenheit werden thematisiert. Außerdem habe das Kreativ-Projekt kontakt- und freundschaftsfördernd gewirkt, sagt Nadine Velten. Menschen der unterschiedlichsten Nationalitäten seien durch die gemeinsame Arbeit zu einer festen Gruppe zusammengewachsen. Rund 30 der über 150, den Charakter des Landschaftsparks prägenden Bäume haben die Studenten der Fachhochschule vom Fach "Experimentelles Gestalten" unter Leitung von Kommunikationsdesign-Professorin Anna Bulanda-Pantalacci in einer einmaligen Kunst-Aktion zu verschiedenen Themenbereichen gestaltet. Eine Erle erzählte die Geschichte des Parks und Menschen des Stadtteils von ihren Erinnerungen. Die mit herabfließenden Efeuranken bewachsene Pappel verwandelt sich zum rot glühenden Vulkanausbruch. Ob Traumkapsel oder Rhododend-Room, Eichen-Tor oder Lebensraum - bei der Fülle der teils begehbaren Konzept-Bäume lohnt sich für viele Trierer der Besuch im Nells Park, der nach Einbruch der Dämmerung durch Licht- und Klanginstallationen noch mehr verzaubert und eine märchenhafte Metamorphose vollzieht. "Es geht um Sensibilisierung und Suche, die Natur zu gestalten, aber nicht so zu verändern, dass sie unkenntlich gemacht wird", erklärte Bulanda-Pantalacci. So entstanden Räume, die die Menschen mehr davon erfahren ließen, wer und wo sie sind und wie wichtig Veränderungen und zugleich auch die Besinnung auf Vergangenes sind, um positive Schritte in die Zukunft machen zu können. "Ich habe mir schon lange, auch sehr sorgenvolle Gedanken über den Park gemacht", sagte Park-Besucherin Carmen Callender (62), die seit 38 Jahren in Trier-Nord wohnt. "Es ist gut, dass der Name Nells Park mal wieder mit etwas Gutem in Verbindung gebracht wird. Es war früher sehr schön hier und ich habe den Wunsch, dass es wieder so wird." Die Kunst-Aktion war ein gelungenes Geschenk an den Stadtteil. Dass diese durch die Zusammenarbeit, wenn auch mit geringen Mitteln, aber doch mit viel Engagement und Improvisation Erfolg hatte, macht Mut für weitere Projekte. "Ideen gibt es dafür schon viele", sagte Bulanda-Pantalacci, "und wir hoffen, dass diese Aktion die Grundlage für noch mehr Unterstützung geschaffen hat." Mehr Fotos aus dem märchenhaften Nells Park im Internet:

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