Mama mit Herz, Mut und Verstand

Hildegard Neu, genannt Hille, ist vor allem eins: Mutti. Herbergsmutti, Pflege- und Adoptivmutti, leibliche Mutti, Theatermutti, Ersatzmutti, Tiermutti. Mutti für alle. Mit großem Herzen und jeder Menge Tatkraft. Für die Menschen, für die Stadt.

Trier. Sie ist 56 und eine attraktive Frau. Man sieht Hildegard Neu an, dass sie glücklich ist und ausgeglichen. "Hilles Hostel" in der Gartenfeldstraße ist ihr Zuhause. Und Trier ist ihre Heimat, auch wenn sie eigentlich aus dem Saarland stammt. Seit 1973 lebt sie in und um Deutschlands älteste Stadt. Ihre erste Anstellung erhält "Hille" Neu im Kindergarten Reichertsberg als Erzieherin. Sozialer Brennpunkt Trier-West, 80 Prozent sozial Schwache. Für viele Jahre findet sie hier ihre Erfüllung. Dann kommen die eigenen Kinder, für einige Jahre ist das eine Lebensaufgabe. Später arbeitet sie weiter im sozialen Bereich, nun im Anna-Stift, Triers Mutter-Kind-Heim.

Sie nimmt ein weiteres Kind in ihrer Familie auf, erst in Pflege, später folgt die Adoption. Sie arbeitet halbtags in der Gehörlosenschule, wird Mitbegründerin der Theatergruppe. Die wird zu ihrem Steckenpferd. Hildegard Neu realisiert etwas schwer Vorstellbares: ein Theaterstück mit Gehörlosen. Auf einem Theater-Treffen erhält sie 2000 in Magdeburg das wohl größte Kompliment: "Man merkt ja gar nicht, dass die Kinder nicht hören können!" Es folgt ein weiterer Wendepunkt in ihrem Leben: Sie reist durch Irland und lernt dort Hostels kennen: private Jugendherbergen, günstige Unterkünfte für Menschen aus aller Welt. Sie ist sicher: So etwas fehlt in Trier. Auch hier soll die Welt zu Gast sein und ihre Geschichten erzählen. Das passende Haus ist schnell gefunden, und kein halbes Jahr später, im Februar 2001, kommt der erste Gast. Es ist ein großer Schritt, mit 48 in die Selbstständigkeit zu gehen. Neu möchte sich selbst beweisen, dass sie noch etwas anderes kann. Trotzdem gibt sie ihre Stelle an der Gehörlosenschule erst 2006 auf, die Theatergruppe betreut sie noch heute.

Am Semesteranfang beherbergt Hildegard Neu wohnungslose Studenten, hilft bei der Wohnungssuche. Sie gibt den jungen Leuten die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen. Hille heißt Heimat und Geborgenheit. Hille ist Herbergsmutti oder Oma-Ersatz. Hille liebt junge Menschen. Und die lieben sie.

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